Kraft- und Schutzbanner im Häuschen

…ja, manchmal muss man etwas für sich selber tun, mein Liebster schwächelt immer noch. Da hab ich zwei kleine Schutzbanner entworfen und in die Fenster für die Zwei gehängt, die in dem kleinen Häuschen am Schorfheidewald wohnen …

Schutzbanner  Foto: pe.
Schutzbanner
Foto: pe.

Durch die Landschaft per Boot oder Flieger – eine Ausstellungsempfehlung

Die Sommeraustellung in der Galerie Bernau lädt am 20. August, 19 Uhr, zur Finissage:

Schiffe schippern und Flieger schweben lässt derzeit Gregor Krampitz in der Galerie Bernau. Vor oder über den Schwarz-Weiß-Bildern auf fließendem Büttenpapier von Karsten Kelsch. Gerissen, gekratzt in schwarze Acrylfarbe erscheinen Silhouetten aus der Landschaft. Konturen aus Traumflügen könnten es sein. Und so fügen sich die Arbeiten der beiden Künstler zu einem stimmigen Ganzen, und der Betrachter des Szenarios begibt sich indem auf eine innere Reise. Das ist der besondere Reiz, der von dieser intensiven Präsentation ausgeht.
Schiffe falten und auf einem stillen Fluss fahren lassen – hinaus in die weite Welt, das ist ein herznahes Erinnerungsbild. Es rührt an die Impulse ungezügelter, kindlicher Fantasie. Genau deshalb erhielt Gregor Krampitz für diese simplen Objekte 2010 bei der „Aquamediale 6“ in Lübben einen Kunstpreis. Denn Krampitz’ Schiffe legen die schrankenlosen Kindheitsträume frei – das ist schon was. „Und die Flieger trugen in meiner Schulzeit die ersten Verabredungen durch den Klassenraum oder auf den Schulhof“, verrät der Mann mit glänzenden Augen. In der Ausstellung „Fluss des Moments“ knüpft der Künstler mit seinen Sehnsuchtsbooten aus Papier und/oder Sperrholz an eine Erinnerung an:
Seine Kindheit verbrachte Krampitz in Pankow. Dort, wo die Berliner S-Bahn höllisch Fahrt aufnahm, um den schmalen Bogen Grenzland, der den westlichen Wedding berührte, „konfliktlos“ zu passieren. An dem Flüsschen Panke ließ er seine Traumschiffe zu Wasser, voll bepackt mit seinen Wünschen – die ferne, weite Welt zu sehen, die hinter dem Mauerland lag. Diese Boote stehen auch für den Betrachter als gesicherte Metapher für „Fernweh“, „Aufbruch in die Träume“ und „ die Vergänglichkeit allen Seins“, denn so ein Papierschiff ist eben auch wie ein Blatt im Wind. Mit gelebter Leichtigkeit hat das nichts zu tun.
Gregor Krampitz war von 1986 bis 1998 für den Berliner Verlag und den Verlag Junge Welt als freier Pressefotograf unterwegs. Der inflationäre Wandel dieses Berufes, trieb ihn mit seinem facettenreichen Wissen geradewegs in die Kunst. In seiner ersten Ausbildung wurde der Mann zum Schmied. Als Fotokünstler verschmolz dieses Wissen in eine einzigartige Stilistik. Erste Fotostahlarbeiten entstanden bereits 1987. Fotografische Oxidationen auf Metall nennt er sie. Oder einfacher erklärt: Rostende Bildmotive mit einer sich stetig verändernden Optik. Sehr spannend. Erst monochrom, heute malerisch gespachtelt – farbig. Diese Oxidationen waren gerade erst auf der Berliner Kunstmesse im Sony Center am Potsdamer Platz bei der „Art… Essenz 16“ zu sehen.

Großformatige Arbeiten entstanden mit den Möglichkeiten, die den beiden Künstlern der Brandenburger Verband Bildender Künstler bot – auf Einladung (!), nicht über für den Künstler ungewisse Ausschreibungen. Ohne diesen Schritt wären vielleicht nie solche verzaubernden Arbeiten wie beispielsweise die Klang-Schatten-Installation in der Galerie Bernau entstanden. Die skurrilen Hängegebilde aus gebogenen Gabeln hinter einem weißen Papierfließ assoziieren ein Figurentheater wie von Geisterhand betrieben.

Auch Karsten Kelsch kommt aus einem handfesten Handwerk, dem Bergbau. Aufgewachsen in Hoyerswerda hörte er frühzeitig das Sauriergebrüll aus dem Tagebau. Vielleicht stammen schon aus dieser Zeit die brüchigen Landschaften in Schwarz-Weiß, entweder – oder. Das Reißen und Kratzen in der Farbe ohne die Papierrollen zu beschädigen, das ist ein Fahnden nach dem, was wird aus Brüchen und Verletzungen der Haut – neue Gebilde. Fraglos brachten ihn die Malereistudien und die Ausbildung im Bereich Mulitmedia-Design auf den professionellen künstlerischen Weg, aber auch Kelsch scheinen die alten Kindheitsmuster anzufeuern und zu inspirieren.
Beide Künstler sind bemerkenswert in ihrem Einzelschaffen, aber in der Kooperation sind die Zwei einfach stark. Augenfänger vom Feinsten.

 Finissage: Mittwoch, 20. August, 19 Uhr: Ein Abend für Träume. Neben den Bilderblicken wird der Film „Der Untergang und die Bergung der Titanic“ gezeigt und zum Künstlergespräch geladen.

Ausstellungort: Galerie Bernau, Bürgermeisterstraße 4, 16321 Bernau bei Berlin
Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18 Uhr und Samstag 10-16 Uhr, feiertags geschlossen
Noch bis zum 23. August kann man „Von Landschaft zu Landschaft per Boot und Flieger“ in der Sommerausstellung in der Galerie Bernau gedanklich reisen.

Gregor Krampitz (rechts, Objekte) & Karsten Kelsch (Malerei): Fernweh „Flieger“, Installation, Mischtechnik auf Papierbahnen, gekratzt. 300 x 300 cm, Flugobjekte: Papier, Pappe, 100 x 100 x 30.
Gregor Krampitz (rechts, Objekte) & Karsten Kelsch (Malerei): Fernweh „Flieger“, Installation, Mischtechnik auf Papierbahnen, gekratzt. 300 x 300 cm, Flugobjekte: Papier, Pappe, 100 x 100 x 30. Foto: Petra Elsner

 

Räucherwürstchen (17)

Weihnachten ist es leer im Winsviertel. Die Zugezogenen sind auf Genesungsurlaub in ihre sächsischen, thüringischen, schwäbischen oder bayerischen Bergdörfer entschwunden. Ureinwohner mit Anhang puppen daheim. Es gibt überall Parkplätze in den menschenverwaisten Straßen. Nur hier und da tippelt ´ne Oma durch die kalte Stille, tonlos plaudernd mit ihrem vierbeinigen Freund. Nach 22 Uhr wird es augenblicklich in Karls Kneipe * voll. Stammgäste schleppen nahrhafte Schüsseln durch die Heilige Nacht und bauten in Karls Hinterzimmer ein buntes Büfett auf, das nicht nur die ewigen Singles erfreut. Die selbst erwählte Großfamilie hockt sich dann entspannt zueinander, als wäre es ein seltenes Ereignis.
Es war an einem 1. Feiertag, als wir keine Lust hatten, abends schon wieder in der Küche herum zu wuseln. Ein Anruf bei Karl stellte klar, vom vornächtlichen Abendmahle waren noch Kartoffelsalat und Würstchen übrig. Doch angekommen spürten wir, der Kneiper hatte nicht die Spur Lust auf Gäste. Wir klemmten uns an unser Lieblingsohr am Tresen, während hinten der Fernseher (der gewöhnlich nur zu besonderen Fußballspielen lief) ein folkloristisches Estradenprogramm röhrte, das den Wirt festnagelte. Irgendwie seltsam. Minuten später. Karl riss sich endlich los, wippte im Federschritt zum Kühlschrank, entnahm Würstchen, schob sie missmutig in die Mikrowelle und schlich mit unsichtbaren Scheuklappen zurück vor die TV-Gala. Er glotzte mit einer gewissen schwermütigen Sehnsucht nach biederer Normalität in die Kiste – ein Anblick, der irritierte. Die Würstchen kreisten ungerührt. Doch irgendetwas roch plötzlich brenzlich. Ich rief nach Karl. Der kam und schaute, schickte achselzuckend die Würstchen auf eine weitere Karussellfahrt. Inzwischen kamen weitere Gäste, die langsam maulten, weil der Zapfer nicht zapfte. Der Rauchgeruch wurde deutlicher. Hinten ratschte ein Stuhl, und Karl schoss wie der Blitz hinter den Tresen. Etwas schepperte, dann kamen die Würstchen, und der Mann raste aufs Klo. Der Rauch wurde zum Qualm, nur was war es eigentlich? Karl tauchte ohne Worte wieder auf, etwas Unförmiges zischte im Spülbecken, und Karl kommentierte es trocken: „Es gibt ja Länder, in denen man Weihnachten Geld verbrennt, weil man an diesem Tage keine Geschäfte machen soll.“ Dann holte er das schwarze Gebilde aus dem Wasser. Es stellte sich als Geldsack heraus. Genauer die kompletten Einnahmen der letzten Nächte. Der Sack qualmte nass weiter, weil die Stücken darin noch unendlich heiß waren. Karl fummelte nach den verkohlten Scheinen und murmelte: „Bin ja selber schuld. Mona hat mich doch noch angerufen und informiert, dass sie das Geld in der Mikrowelle deponiert hat. Hab es einfach vergessen …“ Ja, und so kamen wir zu den exklusivsten Würstchen der Nacht, geräuchert in 2000 Mark. Nachmachen lohnt sich überhaupt nicht, weil: Sie schmeckten keineswegs edler.

PS: Karl hat natürlich nach Wochen das Geld von der Bank erstattet bekommen.

Als das Wins noch Fiasko hieß, 1993 Foto: pe
Als das Wins noch Fiasko hieß, 1993
Foto: pe

* Karls Kneipe hieß damals eigentlich Café Winsenz, das später bis 2021 Geli Ritter betriebt. Das sogenannte Wins wurde von Tomski Tom 1992 als „Fiasko“ an der Winsstraße eröffnet. Zuvor logierte in den Räumen der Großhandel für Fotografiematerialien. Im Kneipenrückbüfett standen damals noch die Büroordner von Mutter Malte. Karl (-Heinz Heymann) gehörte später zu den Gründern und Inhabern des legendären Kaffee Burger. Das Winsenz (auch Blaues Licht genannt), schloss  wie viele andere auch in der Coronazeit….

Kraftbanner im Wind

… das dritte Kraftbanner, die irgendwann einmal meine Traumfängerzeichnungen in einer Ausstellung begleiten werden, ist fertig. Hab sie probehalber in den Wind gehängt, hier der Blickfang drauf:

Kraftbanner von Petra Elsner
Kraftbanner von Petra Elsner

Hier das erste, das als Idee dem Glückbanner für meinen Liebsten folgte …

Buchbesprechung: „Wunderlich fährt nach Norden“

Kultverdächtiges Sommermärchen:
Eine mächtige Matrone lässt Wunderlichs Zug nach Norden stoppen und verweist ihn ins märkische Nirgendwo. Liebesschmerz stieß ihn fort aus Berlin, oder war es Anonym, der aus seinem Handy alleswissend funkt? Irritiert stolpert Wunderlich in das Leben von Finke, einem Kneipenclown, der ihn in seine Welt mitnimmt und dort, in einer abgetakelten und verschlampten Ex-Gastwirtschaft, zum folgenschweren Trinken einlädt, um schlussendlich zu verschwinden. Mysteriös. Dafür taucht das Mädchen Toni auf. Und nicht erst mit ihr entfaltet die Autorin Marion Brasch in ihrem zweiten Roman ein skurriles Alltagsmärchen als wunderliche Reise, in der Wunderlich für uns zum Abenteuer und er selbst zum Abenteurer wird. Langsam, aber keineswegs vorhersehbar. Dabei hilft ihm unbewusst ein Hut, den er aus Finkes Quartier mitnimmt. Der tarnt alle Verletzungen, die alten und die neuerlichen, die sich der Mann in unglaublich kurzen Takten zufügt. Aber in Finkes Garten finden Toni und Wunderlich in einer unglaublichen Sommernacht an einem Apfelbaum das sagenumwobene Blauharz. Ein glimmender Stoff, der alle Wunden spurlos heilt, aber das Wissen darum zugleich auslöscht. Es ist eine Freude, wie Marion Brasch uns in dieses Sommermärchen entführt, mit einem feinen Gespür für das Schräge, das Liebenswürdige, das so manchen Aussteiger umweht. „Wunderlich fährt nach Norden“ ist eine wundervoll leichtfüßig und doch auch verstörend erzählte Geschichte eines lebensuntüchtigen Kauzes, der plötzlich das Leben spürt, ohne zu wissen, wohin ihn das führt. Und die Autorin bewahrt für ihn und für den Leser beschützend dieses Geheimnis. Diese magische Sommerreise ist kultverdächtig und so einfach empfehlenswert.
Petra Elsner
„Wunderlich fährt nach Norden“, Marion Brasch, S. Fischer Verlag, 19,99 Euro

cover
cover

Wunderlich fährt nach Norden, Marion Brasch, S. Fischer Verlag, 19,99 Euro

Hochsommer

Feenwesen (pe)
Feenwesen (pe)

Wenn die Hitze
klebrig über dem Wiesenland hängt,
ächzt die Zeit Schweißperlen.
Menschenleere Stille.
Nur in den tiefgrünen Schatten
tanzen die Geisterwesen
auf ihren lichten Spinnfäden,
während der Geist schläft.
(pe)

Geisterfeen (pe)
Geisterfeen
(pe)