Es gibt uralte Gesellen in der Baumlandschaft der Schorfheide. Knorriges Holz, dass die Fantasie beflügelt. Die berühmte Silkebuche inspirierte mich beispielsweise zu einem meiner Schorfheidemärchen. Hier ein Auszug:
Die Wunderbuche
… Croll wohnte in der mächtigsten Buche im Wanderland. Wo sie stand, entfalteten sich im April Blütenteppiche aus unzähligen Buschwindröschen. Aber mit dem frischen Austrieb des Blätterdachs begann die Dämmerzeit unter den Buchen. In diesem Schattenlicht wuchsen die Träume und segelten die Fledermäuse. Crolls Buche war älter als die üblichen Hundertjährigen. Sie thronte schon gut 300 Jahre auf einer Düne östlich des kleinen Pinnowsees. Ihr Stamm sah aus, als wäre er aus einem verschlungenen Baumbündel gen Himmel gewachsen. Über 30 Meter hoch wand sich ihr silbriges Rindenkleid, umweht vom glasigen Blattschleier. Dort oben, in den Wipfeln, erntete Croll immer im Mai rehbraune Knospen. Wozu er sie benutzte, blieb sein Geheimnis …
weiterlesen bitte im Buch …
„Schattengeschichten aus dem Wanderland – Schorfheidemärchen“, 2. Auflage 2010, geschrieben und illustriert von Petra Elsner, 4-farbig, Schibri-Verlag, ISBN: 78-3-8686-040-4, 6 Euro
Wenn diese Steine reden könnten, dann würden sie gewiss von Wilddieben und gemeuchelten Förstern munkeln, vom seltsamen Jagdglück von Wilhelm II. oder anderer Größen plaudern und vielleicht auch von einem, der erst als Rentner in die Heide kam, um endlich seinen Traum zu leben: Naturbobachtungen in der Schorfheide. Das Klaus-Hermann Mewes dabei auf die Spur der Steine kam, war dann eigentlich nur eine Frage der Zeit. Denn schon immer hat sich der hellwache Mann für alles was da kreucht und fleucht interessiert.
An diesem Morgen kam der Witwer Klaus-Herman Mewes gerade vom Ufer des Grimnitzsees. Bevor wir miteinander reden können, notiert er erst einmal akribisch in seinen kleinkarierten Block: Datum, Zeit Ort und das Entdeckte: Kriekenten, Kormorane, Höcker- und Singschwäne, ein weißer Bussard. Was er sieht, meldet er den Ornithologenverbänden via Internet. Beobachten und dokumentieren, das ist seine Passion, der er seit dem Jahr 2000 als ehrenamtlicher Horstbetreuer für See- und Fischadler nachgeht. Seine Entdeckungen anderen mitteilen, anschaulich und lehrreich, das ist eine weitere Lust des Naturbeobachters. Und so wundert es kaum, dass Mewes bereits 2003 mit der Herausgabe von Bildbroschüren über das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin begann, und auf Wunsch auch Lichtbildervorträge über seine Landschaftssteine hält. In „Eine Dokumentation über einige von der Eiszeit zu uns überkommenen Findlinge und Geröllsteine, die im Laufe der Jahre von den hier in der Heide ansässigen Menschen zu den unterschiedlichsten Zwecken verarbeitet und genutzt wurden“ beschreibt er über Hundert Hinweis- und Gedenksteine in ihrer landschaftlichen Umgebung. Garantiert hat er noch nicht alle gefunden, weil sich im Schutzgebiet manches gut verborgen hält.
Geduld und Naturtreue sind ihm gewissermaßen in die Wiege gelegt. Die Eltern siedelten in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts im Wald von Lindenberg bei Wittenberge. Endlos war dort die Stille. Mit einem ebenso leisen Freund, zog der junge Mewes durch die Baumlandschaften. Sie suchten Vogelnester, registrierten die Brutstätten und malten sich kleine Karten dazu. Ein guter Biologielehrer förderte die Anlagen des Jungen und ernannte ihn zum Helfer des Biologiekabinetts der Oberschule in Wittenberge. Das interessierte ihn: Präparate-Sammlung, Anschauungstafeln, das klapprige Skelett namens Adam. Bald konnte der Schüler Schmalfilme vorführen, darunter war ein Film über Fischadler von einem Doktor Horst Siewert aus Joachimsthal, den sich der Knabe zum Vorbild nahm. Seither überlegte Mewes: Wie kommst du nur in die Schorfheide?
Das sollte dauern. Natürlich hätte der begabte Schüler später Biologie studieren können, aber in seiner Familie gab es eben Mehrfachbegabungen. So wie der Heranwachsende alle Vögel kannte, wusste er auch jeden Flugzeugtyp zu klassifizieren, war er wie sein Vater und Großvater schon ein Techniknarr. Da wurde aus dem Naturfreund Mewes junior erst einmal ein Arbeitsleben lang der Diplom-Ingenieur im Flugzeugbau und Fachbuchautor für Luftfahrtgeschichte. Doch im Ruhestand zog Mewes nun wirklich nach Joachimsthal.
Herr der Steine war dort natürlich schon ein anderer, nämlich Joachim Bandau, der unter historischen Aspekten zu den Steinen forschte. Mit ihm tausche sich der Zuzügler aus. Doch schon bald wurde Mewes selbst fündig, stöberte unbekannte oder vergessene Steine auf, die er minutiös in einer Karte eintrug, inzwischen sind es über Hundert. Der Stein-Scout Mewes ist nun Spezialist für Landschaftssteine. Gemeint sind Exemplare wie „Adderloch“, der eine Schlangengrube benennt. Oder Steine mit Berge-, Seen- und Ortsbezeichnungen wie „Bullenwinkel“, der markiert beispielsweise einen Ort auf der Halbinsel im Großen Glasowsee, wo die Bauern im 30-jährigen Krieg ihr Vieh vor den Schweden versteckten. „Die Molle“ ist schlicht eine Talsenke. „Mönchebude“ beschreibt eine Raststelle der Mönche, die zwischen dem Zisterzienserkloster Chorin und Zehdenick pendelten. „Zollpfahl“ lässt ahnen, man bat an dieser Fürstengrenze zur Kasse. Neben den Landschaftssteinen berichtet Mewes Dokumentation aber auch über Inschriftensteine zu Forstkulturen, und solche mit jagdgeschichtlichen Hinweisen, mit Vermerken zu alten Forsteinrichtungen, Erinnerungs- und Gedenksteine an besondere Personen und Ereignisse und natürlich erzählt er auch über Wegweiser, alte Richtungs- und Meilensteine.
All jene Steintypen hat der Stein-Scouterfasst, fotografiert, die Abbilder mit Erklärungen versehen, so dass wer durch die Heide wandert oder radelt, sich hiernach Routen zu den alten Steinzeichen zusammenstellen kann. Im zweitgrößten Wald- und Naturschutzgebiet Deutschlands sicher ein neues spannendes touristisches Thema. Und wer weiß, vielleicht begegnen Sie ja bei Ihrer individuellen Pirsch durch die Schorfheide jenem kleinen Mann mit dem großen, wachen Blick für alles was da kreucht und fleucht.
PS: Klaus Mewes verstarb am 4. Januar 2016 in Joachimsthal. Seine Kinder Karsten und Ellen haben ihn bis zuletzt zu Hause gepflegt und waren bei ihm, als er ging.
… das war die zweite XXL-Kunstpostkarte – der Frühling. Die wird gerne als „Liebes- oder Hochzeitskärtchen“ benutzt. Aber der Frühling hat gerade keine Hochzeit, so dreht sich die Karte im Postkartenständer, bis das Jahr wieder den Neubeginn feiert …
Schwarz und samtig
hast du dich in meine Nacht gelegt,
eine warme Flut
schwängerte mein Herz.
Hundert Stunden sind indes
zu einem Tag verklebt,
das lange Beben
verschüttete den Schmerz.
Zwischen Tag und Nacht
schmelzen wir uns ein,
seither flocken aus mir
FARBEN.
Eine Zeitlang habe ich zu meiner Malerei Texte geschrieben, vorzugsweise zu meiner „Millennium-Reihe“. Die fragte: Was ist Leben? Woher nimmt es die Kraft? Es ging mir um alte Fragen nach der Magie des Seins. Dazu erfand ich mir eine neue Maltechnik – eine Schichtenmalerei aus Acryl, Kreiden, Kohle, Schellack und Öl. Ich versuchte Farben als Licht einzusetzen, Raum und Zeit als flirrende Teilchen zu sehen, um einem universellen Miteinander Gestalt zu geben. Beispielsweise zu diesem Bild namens Lichtweg.
… Einige der Cartoons aus der Serie „Schräge Vögel auf Landpartie“ sind inzwischen zu XXL-Kunstpostkarten geworden (aber nicht alle, das wäre für mich wirtschaftlich nicht zu stemmen). Den nächtlichen Stadtflüchigen folgten als erste echte Brandenburger – die Radler. Die sind bei den Pedalrittern als Lebenszeichengruß von den nördlichen Radwegen durchaus begehrt …
Die erste XXL-Karte, die in meinem Postkartenständer steckte, war meine Abschiedskarte von Berlin (2007/08). Sie hat den gedanklichen Untertitel: Wir verlassen diese Stadt. Bisher hatte ich diese Cartoon-Serie ausschießlich in Schwarz-Weiß gezeichnet. In diesem Motiv erwachen die Farben in den aufbrechenden Gestalten …
Neben den vielen Texten, die ich hier in den letzten Wochen serviert habe, zeige ich heute mal wieder etwas aus meinem jüngsten Bildschaffen im September, keine Zeichnung, sondern zwei Geheimnisse auf Leinwand, gespachtelte Farbschauer mit versteckten Symbolen, sichtbare und übermalte … also Such- oder Wimmelbilder.
Neben der großen Schorfheide, die drei Landkreise im Norden Brandenburgs berührt, gibt es auch noch die sogenannte „Kleine Schorfheide“. Es handelt sich um einen ehemaligen Truppenübungsplatz der Russen. Das Naturschutzgebiet Kleine Schorfheide liegt in den Gemarkungen Annenwalde, Beutel, Hammelspring, Lychen, Röddelin und Tangersdorf im Landkreis Uckermark sowie Barsdorf, Blumenow, Bredereiche, Burgwall, Himmelpfort, Marienthal, Tornow und Vogelsang im Landkreis Oberhavel. In den Orten an ihren Rändern des 7000 Hektar umfassenden Gebietes wohnen natürlich auch spannende Menschen.
Zum Beispiel:
Frau Holle
Tief im uckermärkischen Walde erwachen mit der Osterzeit die Märchen, die aus den Grimmschen Werken und auch neuzeitliche. Öffentlich verlesen oder heiter gespielt von großen und von kleinen Waldgästen, und das kam so:
1982 erbten Klaus-Dieter und Sigrid Hollendorf das abgelegene Grundstück bei Metzelthin von den Großeltern. Gut ein Hektar Land, darauf ein schöner Garten und knusper-kleine, Ried gedeckte Blockhäuschen – romantischer geht es kaum noch. Doch das Leben der Beiden war damals so gar nicht so traumhaft, zwischen ABM, Arbeitslosigkeit und Schlechtwettergeld pendelte lieblos die Zeit. Irgendwann fragten Templiner Kulturbündler die Sigrid, ob sie nicht dort draußen, auf ihrem Grundstück, etwas für Kinder inszenieren könnten. Und wer Hollendorf heißt, kann, denn Namen tragen immer auch sinnstiftende Bedeutung in sich, und so entstand das Projekt Märchenland „Frau Holle“ des Kulturbundes e. V. – das war anno 1996.
Jahre später sind Hollendorfs Sohn und Tochter erwachsen und aus dem Haus. Da leben die Eltern im Winter allein im Wald, mit Flöckchen, dem Hund und den sieben Katzen. Für Sigrid, die 60-Jährige, ist es die Jahreszeit, Spiele zu erfinden, Requisiten zu bauen, ein neues Stück für die große Puppenbühne zu schreiben, eben die Flügel der Fantasie weiten, damit die Gäste in der warmen Jahreszeit auch immer etwas neues im Märchenland vorfinden. Klaus-Dieter (56), der Maurer, repariert in der arbeitslosen Schlecht-Wetter-Zeit was Schaden nahm, wenn es wärmer wird, hat er mit dem Märchenland nichts zu tun, sagt er. Aber schaut man sich genauer um, so hat er die Puppenbühne aufgestellt, Backofen und Brunnen gebaut, das Baumhaus und die Sportanlagen, still im Hintergrund, während seine Liebste die Dinge mit Leben erfüllt.
Ihr Spitzname war schon immer „Frau Holle“, vom Familiennamen her, aber daraus ein Arbeitsleben zu gestalten, der Gedanke wurde erst mit der Nachfrage reif. Sigrid gefiel diese Idee: „Die Frau Holle kann uralt im Job werden und muss nicht wie beispielsweise eine Goldmarie irgendwann aus Altersgründen abdanken.“ Eine Sorge weniger, aber ein Sprung in die Selbständigkeit blieb ausgeschlossen, zu gering sind die Einnahmen an diesem Standort. Wovon sollte man da im Winter existieren? Also lebt das Märchenland von Fördermitteln und Projekten.
Längst aber finden neben Schulen und Kitas auch Radtouristen und Urlauber, aber auch Familien aus dem Umland den Weg hierher. Letzteren geht es darum, den schönen Garten mit all seinen Stationen anzusehen und zu nutzen, und sich etwas aus dem Märchenland erzählen zu lassen. Die Kinder können Märchen in dieser natürlichen Umgebung mit Hexenhaus und Märchenbrunnen selbst spielen. Dazu gibt es einen Kostümfundus, zum Beispiel Sieben-Zwergen-Mützen oder Kappen und Umhänge für die Sieben Geißlein.
Inzwischen lädt man Sigrid Hollendorf auch schon mal als Symbolfigur „Frau Holle“ zum Märchenfestival nach Schwerin. Im Winter gibt sie Märchenstunden in Schulen oder auch Hotels. Auf Adventsmärkten verkauft sie selbst gebautes Spielzeug, um von dem Erlös das Märchenland über die nicht geförderten Zeiten zu bringen. Nicht einfach und keine Frage, das Unterfangen könnte feste Sponsoren gebrauchen, damit Frau Holle und ihre ehrenamtliche Hexe noch lange im Walde kindliche Fantasien erwecken.
Kontakt: Märchenland „Frau Holle“ des Kulturbundes e. V. Metzelthin 1, 17268 Metzelthin, Telefon: 039885 2164, Mobil: 0174 6087218. Geöffnet von Ostern bis Ende Oktober: Mittwoch 9 bis 13 Uhr, Samstag: 9 bis 17 Uhr, Sonntag 9 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung.
Na, irgendwie wird das hier eine Kürbiswoche. Für die dicke Beere gibt es, wie gestern schon berichtet, in Kurtschlag seit einigen Jahren ein kleines Fest. Der Kürbis, ebenso wie die Gurke oder Tomate, gehört botanisch gesehen zur Familie der Beeren. Wer die dickste Beere erntet, wird Kürbiskönig. Und ich zeichne für dieses Herbstfest immer einen Kürbisvogel-Cartoon. Zum Beispiel diese zwei:
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