Die Nachtluft haucht feucht und neblig. Die Straßen verlassen, die Seelen flüchtig. Die Angst perlt aus dem Grab der Zeit. Im Halbdunkel verstellt ein Wald aus Weisungen den Weg. Atemschwer verharre ich im Nichts.
Ein Störfall hat mir die Winterklausur zerschlagen, denn es fällt mir wirklich schwer mich inmitten der düsteren Nachrichten zu sammeln. Wenigstens die Kalenderblätter für 2021 sind fertig geworden, aber werden sie nun jemals noch gedruckt? Die kleinen Regionalverlage leiden Not. Keiner weiß, was noch wird. Erst, wenn die Krise irgendwann gebannt sein wird, werden wir wissen, ob die Menschen zusammengerückt sind und nicht nur den Abstürzen zusahen. Wir wissen es nicht. Trotzdem beginne ich jeden Tag, als hätte ich unendlich viel Zeit. Die Spannung ist raus. Gestern wurden meine Lesung und die Ausstellung „Schorfheider Bilderwelten“, die am 17. Mai in der Kapper Kirche stattfinden sollten, abgesagt, auf unbestimmt verschoben. Das war zu erwarten. Wir wissen nicht, ob die menschlichen Existenzen nach Corona so ins Trudeln geraten sein werden, dass sie hernach lange keine Muße mehr für ein Buch, ein Konzert, eine Lesung … haben werden. Denn wenn der schwerfällige Dampfer Europa nach der großen Stille wieder Fahrt aufnehmen soll, beginnt der nächste große, schonungslose Kraftakt…
Gestern war der Welttag der Poesie, dem schiebe ich ein paar Zeilen nach…
Schmerzzeit
Unschuldig erwacht draußen der Tag. Er weiß noch nichts vom nächsten Schlag. Die Schlehe blüht, die Kornelkirschen hat ein Frost getroffen. Vogelgezwitscher in der stillen Ländlichkeit. Im Haus scheppert das Echo von Totenzahlen. Der Tag beginnt sich schuldig zu saugen, bis er tropft vom Schmerz.
Der helle Stern der Träume versinkt im Meer der Traurigkeit. Kein Leuchten aus der Ferne für diese müde Welt. Doch aus der dunklen Stille tönt leis ein Wiegenlied, es fällt in schwere Herzen und aller Kummer flieht.
Abgenutzt von kalten Kriegen stiehlt mein Herz sich leis davon. Watet durch die dichten Nebel zu der eigenen Mission. Ohne Halt und Anker schifft es durch die Zeit. Schlägt in aller Stille eine Ewigkeit.
Der Abgrund ist tief. Um braunes Gestein wallen verhängnisvolle Nebel. Boshaft schreit die Stille hinauf wie ein diabolischer Geist. Der inspiriert eine makabre Bündelei. Kaum auszuhalten!
Die Zugvögel haben die Saat des Zweifels hinterlassen. Als graues Gewächs einer gefälschten Zeit ist es aufgegangen. Im Februar: als kaltes Wortgewimmel.
Ein Feld der Stille liegt vor dem dürren Wald. Flach, leer, mystisch. Zwei Krähen kreischen prophetisch. Es wird doch noch Winter. Schneestill liegt die Weite und wir ruhen endlich.
Verrauscht in Wortgewittern zieht das Jahr seine letzten Stunden mit lautem Getöse durch die Zeit. Es schweigt nur in seiner allerletzten Sekunde, wie ein Loch in der Nacht, einen Atemzug vor der Ewigkeit.
Durch die Risse des Lebens blitzt schweigsam der Tod. Mal schwarz-warm, mal golden, mal als Schimmer im Abendrot. Tanz nur im schillernden Bogen ihm entgegen und spring über die Brüche bis in den Grund.
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