Meander, Kapitel 5

Ohne Zeitgefühl im Sog der Zeit.
Im Sog der Zeit.

Schlagartig wusste Meander wieder, was mit seinem Zeitgefühl geschah: Er hatte es verbannt. Ja, natürlich, er wollte dieses hektische Empfinden loswerden. Jedes Jahr schien die Zeit eiliger unterwegs zu sein, und die Monate huschten nur noch wie ein Hauch vorbei. Das war nicht sein Tempo, sondern das seiner rastlosen Umgebung, die mehr und mehr und noch mehr Ereignisse aufführte. Die kamen schrill und grell daher, gleich, ob sie wichtig oder unwichtig waren – eine wirre Gaukelei. Irgendwann fühlte sich Meander Memolos wie ein Ertrinkender im reißenden Strom der Zeit. Das war der Tag, an dem er das Tempo der anderen aus seinem Leben vertrieb. Er zog sich einfach zurück auf den Dachboden über dem Uni-Archiv und begab sich dort in eine kauzige Isolation. Alle Termine blieben draußen, und so dehnte sich fortan seine Zeit.

Er hatte endlich Gelegenheit, die Dinge zu tun, die ihm wichtig waren, und war froh damit. Selbst als er in einem verstaubten Winkel die alte Uhr entdeckte, reinigte und aufzog, änderte sich das nicht, denn sie schlich eigenwillig apathisch durch die Stunden. Meander klebte ihr demonstrativ einen seiner gelehrigen Sprüche an das antiquierte Gehäuse: „Uhrzeit ist nicht gleich Ereigniszeit“ – als weisen Selbsterhalt für sich und das rhythmusgestörte Laufwerk. Beide tickten eben anders. Nur wie? Meanders Zeitgefühl verflüchtigte sich in dieser Einsiedelei langsam vollends. Wieso vermisste er es nur auf ein Mal? Weil er allein war? Aus Langeweile?

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Meander, Kapitel 4

Die Zeit schien gefroren.
Die Zeit schien gefroren.

Kaum hatte Meander Memolos das gedacht, spürte er abermals jene magische Kraft, die ihn tief in sein Inneres zog. Spiralförmig. Irgendwie stand er währenddessen neben sich und sah, wie er an einer flachen, in sich beweglichen Scheibe hilflos hangelnd abwärts rauschte. Das Teil war schillernd Blau, fühlbar instabil, aber auch mit einer gewissen Schwerkraft umgeben. Schwindelerregend sauste der Vogel mit ihm auf einen hellen Punkt zu. Dann bremste es scharf, und trudelte um den Rand eines Gebildes, das an einen Vulkanschlund erinnerte, aus. Atemschwere Stille hing darüber. Die Zeit schien gefroren. Nichts, aber auch gar nichts bewegte sich mehr, außer Meanders baumelnde Gestalt. Er hievte sich jetzt auf das blaue Rund und dachte – einfach dankbar für das Ende des freien Falls:  „Eigentlich ein guter Ort zum Sinnieren: Kann die Zeit stehen bleiben? Offensichtlich, zumindest vor einem Schwarzen Loch oder in meinem Kopfe.“

Aber der Zustand fühlte sich merkwürdig an. Diese absolute Ruhe verströmte merkwürdigerweise Stress – einen, der schlimmer war als jeder Zeitdruck, den Meander je erlebte. Ganz erschöpft davon, wollte er sich gerade ein kleines Schläfchen gönnen, da dröhnte von weit her eine tosende Woge heran.

In der Lärmverschmutzung.
In der Lärmverschmutzung.

Unwillkürlich zog der Eulenvogel seinen Kopf ein, und er tat gut daran, denn flutartig schoss ein monströser Konvoi aus Wanduhren, Weckern, Gongs, Piepsern, Turmglocken, Stoppuhren, Chronometern, Ratschen, Schellen, Handys, Faxmaschinen und Laptops über ihn hinweg. Ohrenbetäubend mit tausenderlei Klingeltönen und Geläut. Die geduckte Gestalt schaute erst wieder auf, als der Spuk vorüber war und nur noch als Echo einer wüsten Lärmverschmutzung nachklang.

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Meander, Kapitel 3

Auf Futtersuche.
Meander auf Futtersuche.

Die Nacht hing schon satt über dem Campus, als Meander sich auf Futtersuche begab. „Ha, da ist er ja endlich! Unser Professorchen hat wieder die Zeit verpasst.“ „Nein, verdichtet.“ „Quatsch, vermehrt! “ – spöttelte es aus den Baumkronen. „Seht nur, wie er torkelt. Bestimmt berechnet er gerade die relative Flugbahn einer Feder.“ Meander ertrug den Spott der Nachbareulen einigermaßen gelassen, denn er mochte es, wenn sie ihn „Professorchen“ nannten. Wer sonst nahm schon Notiz von seinen langjährigen Studien über die Phänomene der Zeit. Nur leider schliefen diese schlichten Vögel regelmäßig über seinen weit schweifenden Lektionen ein. Was für ein Jammer, dass niemand im Schwatzbaum der Eulen seine Interpretationen verstand. Aber Meander bewahrte Haltung, solange er nicht über seine eigenen Irritationen stolperte. Das konnte schon sehr albern ausgehen – als beulenträchtige Bruchlandung oder kursverpeilter Zickzackflug. Immer wenn Meander Memolos seine Gedankenwelt im Zeitraffer durchforstete und diesen Schnelldurchlauf für eine betrachtende Momentaufnahme abrupt stoppte, dann geschah so ein Dilemma. Er wusste es vorher, doch er konnte nicht anders, so sehr ihn auch manch Federnlassen verstörte – die großen Rätsel der Zeiterfahrung zogen ihn in einen geheimnisvollen Bann. Der Eulerich hob nachgiebig die Flügel und sagte sich: „Was soll’s, Wahrheitssucher ecken halt öfter mal an.“

Wieder auf Zeitgefühlsuche.
Wieder verstrickt in der Zeit.

Selbstvergessen verdaute Meander sein Nachtmahl in jener täglich wiederkehrenden Stunde, die etwas gedankenlos verstrich. Der Vogel saß im Dachbodenfenster und schaute in die Stille des Moments vor dem Morgengrauen. Etwas fehlte darin. Was war es doch gleich? Ah, die Uhr lief nicht mehr. Meander zog das alte Räderwerk auf und döste noch ein bisschen, doch das Ticken des Zeitmessers erinnerte ihn, nach seiner vermissten Schachtel zu suchen. Steckt sein verlorenes Zeitgefühl wirklich darin? Weshalb hatte er es überhaupt abgelegt? War es ihm taktlos erschienen? Wenn er in der Zeit rückwärts gehen würde, dann müsste er doch finden, wonach er suchte.

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Meander, Kapitel 2

Irgendetwas schmatzte darin ungeniert, und Meander fühlte sich, als zupfte wer an seinem Gefieder. Zunehmend aufdringlicher. Erregt fragte er sich: „Was geschieht mit mir?“ Und dumpf dröhnte das Dunkel zurück:  „Du bist im Schwarzen Loch des Vergessens.“

„Wie jetzt, soll das heißen, du frisst meine Erinnerungen“, erschrak sich der Vogel. Doch der Ort antwortete nicht mehr, er schmatzte, und für Meander war klar, er musste entweder diese hinterhältige Attacke abwehren oder umgehend flüchten. Vergesslich war er inzwischen genug, und wer will schon den großen Löschlauf all seiner schlauen Zellen erleben? Um keinen Preis! Doch wie entrinnen? Schließlich verschwindet in einem Schwarzen Loch alles, was ihm zu nah kommt, selbst Licht verschluckt es unwiederbringlich.

Zeichnung: Petra Elsner
Zeichnung: Petra Elsner

Meander schüttelte sich, nein, er hatte sich nicht auf eine Zeitreise durch die Weiten der Galaxien begeben. Eben war er noch auf seinem Dachbalken gewesen. Das hier konnte kein Schwarzes Loch im All sein. Was war es dann? Eine mulmige Ahnung beschlich den Eulerich, könnte es sein, dass er während seiner gedanklichen Suche in seinen eigenen inneren Kosmos gerutscht war, in dem es alles gibt, wie im Äußeren? Du meine Güte. Und hatten sich dabei seine Gedankenströme derart komprimiert, dass sie zu einem Schwarzen Loch kollabierten? Meander Memolos schauderte der Gedanke, doch in die fatale Situation mischte sich ein Lichtblitz: Nach einer physikalischen Theorie würde alles, was so ein schwarzes Fressmonster verschluckt, von einer weißen Gegenwelt wieder ausgespuckt. Unversehrt. Sollte er darauf hoffen und warten, oder besser einen listigen Zeitumkehrtrick versuchen? Indes tickte für Meander die Zeit als Feind. In Windeseile hatte er vergessen, was er eigentlich suchte. In diesem schwarzen Raum fühlte es sich nicht mehr wichtig an. Ihm war, als verdampfe er mit jedem Pulsschlag mehr und mehr zu einem flüchtigen Gas. Panik befiel den Eulenvogel.

Wie lange er in diesem misslichen Zustand hockte, wusste Meander Memolos nicht, er hatte ja dummerweise sein Zeitgefühl verloren. Nur das Knurren seines Magens signalisierte ihm, es ist an der Zeit, Mäuse zu jagen. Indem er das gewahr wurde, verschwand das Dunkel, und der Vogel hockte erlöst auf seinem Dachbalken und wunderte sich:  „Was war das – eine Gedankenfiktion? Ein merkwürdiges Zeitspiel? Ein bedeutsamer Fingerzeig? Eigenartig.“

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Von Zeitlöchern – Meander, Kapitel 1

Es hat sich geöffnet – das Sommerloch. Das bedeutet für mich meist, in die Latschen anderer Leute zu springen, heißt Urlaubsvertretungen und Lückenbüßer zu sein, denn auch Künstler müssen irgendwie Rechnungen begleichen und dergleichen….

Also: In Ermangelung von Zeit erzähle ich Euch kapitelweise eine gebrauchte Geschichte aus meiner Hand. Sie stammt aus dem Jahre 2006, und auch darin dreht sich alles um DIE ZEIT, die abhanden gekommene. Die Eulenfiktion für Erwachsene heißt: „Meander Memolos Zeitloch“

Meander
Meander

Meander – Kapitel 1:

Meander Memolos zuckte zusammen. Er hatte etwas Wichtiges verlegt oder gar verloren. Der alte Eulenvogel grummelte: „Wie kann einem nur die Schachtel mit dem Zeitgefühl abhanden kommen? Ohne die ist man doch gänzlich aufgeschmissen, weil all den skrupellosen Zeitschindern und Zeitdieben haltlos ausgeliefert. Nein, aber auch!“ Er musste sie unbedingt wiederfinden, denn Meander Memolos war besonders gefährdet. Zu viele Dinge interessierten ihn gleichermaßen. Wenn er sich beispielsweise in ein Thema vertiefte, lenkte ihn bald irgendeine Quellenangabe im Text auf einen ganz anderen Pfad, und die Quelle der Quelle auf den nächsten. So verirrte er sich leicht, und darüber verging die Zeit. Seine Zeit.

Meander Memolos war das ruhelose Faktotum einer altehrwürdigen Universität. Lange schon. Tagein, tagaus schwebte der Vogel durch deren Wandelgänge, hörte von der Empore aus in die Vorlesungen und die mehr oder weniger tiefsinnigen Fachsimpeleien der Studenten auf dem Campus. Jeder kannte ihn, aber keiner bemerkte ihn noch. Das ärgerte ihn ein bisschen – manchmal.

Meanders Quartier unter dem Dach. Zeichnung: Petra Elsner
Meanders Quartier unter dem Dach.
Zeichnung: Petra Elsner

Jetzt jedoch hockte er anderweitig besorgt auf seinem Balken unter dem Dach über dem Uni-Archiv und grübelte, wo sein Verlust stecken könnte. In irgendeiner Zeitnot muss er ihn verlegt haben. Immer tiefer kramte er in seinem Gedächtnis, bis er ganz unmerklich – erst schlingernd, dann stürzend – in jenen Sog geriet, an dessen Ende ein gefräßiges Zeitloch auf ihn lauerte.

Schwarz war es darin, ruhig und leer – bis Meander dort ankam. Der polterte: „Verflixt, wie bin ich nur in diese Finsternis geraten? Keine Feder habe ich bewegt. Was ist das – eine düstere Auszeit, eine Schwarzpause, eine Zeitfalle?“ …

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Der Schatz der Baumriesen

Diese Fantasy-Geschichte habe ich noch nicht als Lesekostprobe vorgestellt, was ich heute einfach mal nachholen muss:

Die erste Seite
Die erste Seite

Der Schatz der Baumriesen

Das tiefgrüne Land war wild und mächtig. Nur wenige tapfere Männer haben es je gesehen. Uralt war es, wie auch seine Bewohner, die Baumriesen. Niemand ahnte, dass sie heimlich wanderten. Langsam und unmerklich nahmen sich ihre Baumkinder jeden Frühling ein Stück neues Land von den Wiesen. So wuchs das Baumland zu einem mächtigen grünen Pelz der Erde heran.
Natürlich hatte das Land der Baumriesen auch einen König. Hanjor, der friedfertige Seher. Und die Riesen bewahrten einen einzigartigen Schatz – die Elementekugeln: Feuer, Wasser, Luft und Erde. Hier schlug das Herz der Welt. Diese leuchtenden Kugeln hielt Loriell, die Tochter des Baumkönigs, unter ihrem Rindenkleid, in einer Asthöhle verborgen. Die gleich starken Kugeln mussten immer beieinander sein, um das Gleichgewicht der Erde zu wahren.
Loriell wuchs deshalb dicht umstanden im Schutze ihrer vier Wächterbäume Robur, Benjo, Solan und Pikar heran. Schlank und schön. An einem kalten Dezembertag fiel plötzlich Eisregen ins Land der Baumriesen. Er umzog jeden Ast und jeden Halm mit einem glasklaren Mantel, der vom Wind angefacht den ganzen Wald zum Singen brachte. Es war ein klirrendes, bedrohliches Lied. Kaum später kam der Schnee.
Tage und Nächte fielen Flocken aus dem Wolkengrau und legten sich schwer auf die alten Baumgestalten. Die ächzten und knarrten unter der Last. Es war die zarte Loriell, die als Erste in sich zusammenbrach. Der Kugelschatz erreichte im Fallen nicht einmal den Boden, denn der Wind fing sie auf und nahm sie mit sich fort. So sehr auch die Wächterbäume versuchten, dem stürmischen Gesellen den Weg zu verstellen, sie waren einfach zu steif gefroren, als dass sie wendig genug gewesen wären. Seither war es dunkel und kalt im Land der Baumriesen.
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Sisyphusarbeit

Schlapp zwei Tage hab ich am Computer gebaut und gerechnet, mich vertan, mir die Haare gerauft, der Blutdruck schwappte gegen die Decke, als ich es endlich hatte – das neue Layout für den nächsten Titel meiner handgebauten Künstlerhefte im Format 10,5 x 10 cm. Das Innenleben von „Auf den Gabentisch“ birgt drei Weihnachtsgeschichten und eine Adventsgeschichte aus 2013/14. Der erste Ausdruck sieht gut aus. Geschnitten werden daraus drei Teile. Muss jetzt nur noch die Etiketten für die Umschläge entwerfen, dann kann der Handbau der Bändchen mit Fadenbindung losgehen….

Bei diesem Minilayout in Word wird alles von Hand verschoben...
Bei diesem Minilayout in Word wird alles von Hand verschoben…

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Künstlerhefte

Es regnet und regnet. 13 Grad Außentemperatur, das ist absolut zu warm, um endlich die Weihnachtsgeschichte 2015 zu schreiben. Also was? Künstlerhefte layouten und bauen. Ist ja schließlich bald Advent, auch wenn es sich nicht so anfühlt…

Die Rabenbuchproduktion...
Die Rabenbuchproduktion…

 

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Aus der Druckerei im Verlag eingetroffen …

Eben sind die Bücher aus der Druckerei  im Verlag eingetroffen und Verlegerin Stephanie Schmook mailte mir “ Die Bücher sind toll geworden…“. Ich werde sie erst sehen, wenn der Postmann mir meine Freiexemplare bringt, also voraussichtlich Samstag. Bis der Titel im Deutschen Buchhandel gelistet und greifbar ist, werden weitere zwei Wochen ins Land gehen (das ist so üblich). Aber, wer das Buch zu 19.99 Euro auf schnellem Wege haben möchte, halte sich an den Verlag und kaufe es in Angermünde direkt …

Cover
Cover

Verlagsbuchhandlung Ehm Welk
Buchhandlung  Verlag  Internet- und Versandbuchhandlung
Rosenstraße 3
16278 Angermünde
Tel.: 03331 / 36548-20; stephanie.schmook@buchschmook.de

ISBN 978-3-943487-67-1

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Premierevorbereitungen

Lesemappe zu "Der Duft der warmen Zeit"
Lesemappe zu „Der Duft der warmen Zeit“

… am 16. Juli 2015 beginnt um 18.30 Uhr im Lesehof der Verlagsbuchhandlung Ehm Welk, (Rosenstraße 3, 16278 Angermünde) die Buchpremiere zu „Vom Duft der warmen Zeit – Ein Streifzug durch die Uckermark“. Heute habe ich mir dafür eine passende Lesemappe gebaut und mit Acrylfarbe bespachtelt. Nicht, dass ich glauben würde, das Buch sei bis dahin immer noch nicht da – nein, ich lese einfach gerne bei Auftritten vom Textblatt mit einer Schriftgröße von 14 Punkt. Diese Mappe greift die Farben des Covers auf und darin stecken dann die drei Geschichten, die ich an diesem Abend vorlesen werde…

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