Ich baue schon wieder Bücher… Die Ottilien sind flüchtig. Sonntagsabend habe ich mein Atelierfenster beleuchtet, wollte sagen: Kommt, ich bin hier. Und wirklich, ein benachbartes Paar klingelte und brachte eine interessierte Freundin mit. Schauen und Stöbern. Wir verlebten eine herrliche Plauderstunde bei einer Riesling-Schorle. Und weil die erstaunte Besucherin sich nicht entscheiden konnte, welches Buch es nun sein sollte, las ich ihr kurzentschlossen eine Geschichte aus der zweiten Wahl vor, da nahm sie beide. Darüber hinaus hatten es ihr meine handgefertigten Künstlerhefte angetan, sie nahm gleich fünf Stück, weil die Teile sich so schön zum Weihnachtsfest versenden ließen. Ja, danach hatten meine Ottilien wieder Schwindsucht … also baue ich nach. Ottilies Nachtwanderung war meine erste illustrierte Weihnachtsgeschichte, die als Geschenkbuch 2006 im Messner Verlag in einer Kleinauflage erschien. Sie wurde geliebt und immer wieder versprach mir die Verlegerin: Aber dieses Jahr mache ich eine Nachauflage. Als meine Weihnachtsgeschichtensammlung („Dezemberlesebuch“, in der zweiten erweiterten Auflage mit neuem Titel versehen: „Von der Stille des Winters) bei Ehm Welk erschien, hätte ich darin gerne auch die Ottilie gesehen, doch abermals bat mich die Verlegerin, den Text nicht in ein anderes Haus zu geben, was ich auch tat. Doch die Zeit verging und nichts wurde mit dem schönen Material. Man muss immer bedenken, dass meine Lebenszeit und Lebensenergie in diesen Arbeiten steckt und ich finde, die gehören nicht unter Verschluss. Nach vielen Jahren entschloss ich mich die Ottilie und den Meander als handgebaute Eigenproduktionen herauszugeben und (mit Ausnahme vom PARKhaus Fürstenberg) gibt es diese Bändchen nur bei mir im Atelier. Und mal ganz nebenbei, diese frühe Sonntagabendstunde mit Spontanbesuchern war genauso, wie ich es mir all die Jahre hier in dem Schorfheidedorf Kurtschlag gewünscht habe. Vielen Dank!
Zum Inhalt: „Ottilies Nachtwanderung“
Die kleine Weihnachtsgeschichte beginnt in einem verlassenen Dorf, in dem nur noch die Mäuse, die Eule Ottilie und die klagende Dorfteichnixe Spreele hausen. Den Jammerlauten der Nixe entflieht an jenem Wintertag die Eule. In der Dämmerung erreicht sie eine große Stadt und der Heilige Abend bricht an. Doch von Feierlichkeit ist in den Straßenfluchten keine Spur. Die Eule trifft nur höchst eigentümliche Nachtgestalten: eine Alte mit gigantischer Plätzchentüte, einen gestressten Kalendermann, einen Postboten ohne Weihnachtskarten, einen Frommen ohne Kirche, einen Sänger ohne Stimme, einem Naturfreund mit Stadtallergie… Sie alle folgen unwillkürlich der Eule, als wüsste sie, wo das Glück zu finden ist.
Fächerartig entfaltet sich diese schön-traurige Weihnachtsgeschichte für Erwachsene, die, wie es sich gehört, in einem guten Ende mündet. Ich verknüpfe in „Ottilies Nachtwanderung“ klassische Elemente der Fabel mit der Poesie der Realität. Dazu habe ich zehn hintersinnige und farbenprächtige Blätter gezeichnet, die auf die meisten merkwürdigen Begegnungen einen Spot setzen.
Hier geht es zur vollständigen Geschichte: