Ein Vormittag auf der Rettungsstelle ist nicht wirklich prickelnd. Vor allem – es dauert einfach lange, bis alle Weiterleitungs-Scheine vom Drucker ausgespuckt und mich vom Bereitschaftsarzt (der der Templiner Rettungsstelle vorgeschaltet ist), dann doch zur Rettungsstelle, zum Röntgen und zurück, schickten. Die zweieinhalb Wartestunden hab ich mit einem spannenden Buch verbracht („Die Angst der Eliten – Wer fürchtet die Demokratie?“ von Paul Schreyer – eine höchst bemerkenswerte Gesellschaftsanalyse!). Was nach der Wartezeit gut ist, der RECHTE Daumen ist „nur“ gestaucht und geprellt, nicht gebrochen, dennoch – die Unbeweglichkeit durch Schmerz und Schwellung stellt mich (uns) vor neue Herausforderungen. Links kann ich nichts wirklich gut… Der dusslige Gartensturz beschert mir nun nicht nur eine Kreativpause im Atelier, auch in Haus und Garten wird nicht viel werden. Ich mach‘ dann mal ’ne kurzweilige Blog-Pause… Lasst es Euch inzwischen gut gehen…
38 Grad – ich mach‘ mir kühle Gedanken: Eine Winterillustration zu meiner Weihnachtsgeschichte 2018 entsteht. Nein, der Text ist noch nicht fertig, muss er auch nicht, aber vielleicht assoziiert mein Hirn „Abkühlung“, wenn es das wachsende Bild erblickt. Ist ja bekannt, dass Farben psychologische Wirkungen erzielen, denn sie haben eine unbewusste Bedeutung. Da aber jeder irgendwie anders tickt, kann es sein, man reagiert eben unterschiedlich auf sie. Wenn schon, es gibt warme und kalte Farben. BLAU assoziiert nicht nur Kühle, sondern auch Stille, Entspannung, Stärke… ein bisschen Violett bringt das Magische ins Bild, das Weiß die Kühle, das Reine, Feierliche…, aber soweit ist es noch nicht, das Blatt ist erst am Anfang, aber ich fühle mich bei ihm schon viel frischer…
Bin eben mal kurz draußen gewesen und kam ich im flüssigen Zustand wieder zurück. Es hilft nichts, ich muss wieder zurück in den abgedunkelten Atelierraum zu meinen Schrägen Vögeln. Mehr oder weniger seit sieben Tagen bin ich mit ihnen beschäftigt. So ist auch der Musikclown-Klotz inzwischen fertig, aber weil es sich das so unbequem auf der der schmalen Holzfläche pinselt, bin ich zur Abwechslung mal wieder auf ein Stück Papier gewandert. Aber eigentlich ist mir nach nix… bis zu 39 Grad – extrem, wenn das so weiter geht, werden wir auch noch tropische Wirbelstürme bekommen… Kann frau drauf verzichten. Kommt schadlos durch die Hitze des Tages!
Der Vogelklotz war zwar fertig, aber der Unterseite fehlte noch der Lack und schon kam Spontanbesuch und reservierte das Teil. Fein, da hat doch Frau gleich wieder Lust weiter zu wuseln. Diesmal werden es meine Musikclowns aus der Reihe „Schräge Vögel“ (siehe oben) sein, die aufs Holz springen werden… Aber jetzt ist erst einmal Wochenende, wir besuchen Freunde in meiner alten Heimat Zeuthen. Süß-schmerzlich, denn dort werde ich immer den Phantomschmerz meiner verlorenen Familie spüren. Das gelbe Haus an der Bahnlinie… Dennoch das Freundschaftstreffen ist es wert, ihn auszuhalten.
Macht Euch ein schönes Wochenende, ich bin dann mal weg.
Moin, allerseits. Die letzte Seite der „Laterna magica“ wächst, dann kommt nur noch der Lack und kurz danach hoffentlich ein Gewitter mit reichlich Regen. Es geht in diesen Tagen nicht nur um den Durst der Dürre. In den Dörfern um Zehdenick brennt es immer öfter. Gestern Abend jaulten wieder die Sirenen und die Blaulichter rasten Richtung Groß Dölln. Beunruhigend, denn unser Dorf ist waldumstanden, nicht auszudenken, wenn ein größerer Brand ausbrechen würde. Es ist anders als 2014 als ein Brandstifterpaar aus Zehdenick umging, dem die Brände „nur“ zur Vertuschung seiner Einbrüche diente. Die neuerliche Brandserie scheint ein echter Feuerteufel anzulegen. Der Brandmeister glaubt jedenfalls nicht mehr an Selbstentzündung. Fraglos wird es schwer sein, so einen Strolch zu fassen und so sind die gegenwärtigen Nächte nicht nur tropisch, sondern gefühlsmäßig auch mulmig.
Hätten heute Morgen nicht schon 35 Grad vor der Tür (Ostseite) gebrütet, man könnte, wenn man ins Atelier schaut meinen, es ist gleich Advent: Gestern habe ich das 70. Bändchen von der jüngsten Sommergeschichte „Die Hitze unter dem Sonnenhut“ gebunden, dazwischen auch mal ältere Titel, heute ist ein neuer Vogelklotz in Arbeit, es ist der dritte seine Art. Cartoon auf Holz gebracht.
Es wird nicht sehr viele davon geben, denn sie sind ein bisschen zu aufwändig. Aber doch schön, die Klötzer wirken irgendwie wie eine kleine Laterna magica. Dazwischen bemale ich immer mal wieder einen kleinen Apfelkönig mit Spruch auf dem Rücken, ansonsten ist die Birne mau, da geht frau lieber zum Handwerkeln über. In allen Räumen ist es wegen der herabgelassenen Jalousien dunkel und so nicht gut möglich, an einer Leinwand zu arbeiten. Aber ich will nicht klagen, wenigstens habe ich diese Möglichkeiten und muss nicht nur echauffiert in einem stillen Winkel hocken. Es werden wieder andere Tage kommen… Bis dahin – gebt auf Euch acht!
In aller Früh hab ich rasch Gemüse geerntet, bevor die große Glut das Land grillen wird. Zurück von einem Familienevent am Samstag, fanden wir das alte Häuschen, obgleich alle Jalousien heruntergelassen waren, stickig und aufgeheizt vor. Erst um Mitternacht sank die Raumtemperatur auf 25 Grad. Reisen ist in diesen Tagen wegen der unzähligen Baustellen- und Unfallstaus wahrhaft strapaziös, aber im südlichen Erzgebirge, war die Nacht unter dunklen Tannenbäumen noch kühl. Es war die erste Juli-Nacht, die mir einen Tiefschlaf schenkte. Daran wird diese Woche wohl kaum zu denken sein. Ehrlich, mir reichts, die Hitze ist absolut kontraproduktiv, frau schafft so gut wie gar nichts und wird darüber unleidlich. Was wollte ich im Juli alles erledigt haben… es ist nur ein bisschen Fummel-Kram geworden, keine großen Würfe. Wir kommen andere nur in dieser Hitze voran?
Anfang der 90er Jahre dachte ich nach der Wende in Ostdeutschland ernsthaft über Auswandern nach. Ich war fünf Wochen auf Kap Sunion, der Südspitze Attikas. Die Dolmetscherin, die meinen ersten Roman ins Griechische übersetzte, hatte in Legrena ein Sommerhäuschen. Dort kam ich unter und spürte den Möglichkeiten nach, aber ehrlich, die Hitze, der ewige blaue Himmel stimulieren eine norddeutsche Schreiberseele kein bisschen … Nach jenem Sommer machte ich mich als freischaffende Autorin und Malerin selbstständig und nahm mein Glück in die eigene Hand. Langsam wurde ich wieder heimisch und legte den Auswandergedanken ad acter. Auch, wenn es dauerte, bis Frau, Ostdeutsche, nicht mehr so jung, überhaupt wahrgenommen wurde. Nun denn: Eines ist seither gewiss, Hitze und Arbeiten verträgt sich für mich einfach nicht….
Eine Leseprobe aus dem ersten Roman, der nie im Deutschen, sondern nur auf Griechisch erschien, findert Ihr hier:
Fühlt sich an wie Sommer-Depri. Vielleicht. Ich kuschle mich heut in der Frühe noch in den Kissen, als der Liebste mit der Werkstatt spricht. Das Auto ruckt und ruckelt wieder. Sensor oder Benzinpumpe? In jedem Fall wird es wieder teuer. Dieses gebrauchte Auto frisst monatlich die Notgroschen nach seinen Werkstatt-Terminen weg und will sich einfach nicht erholen. Es hat uns niemand verraten, aber ich fürchte, es ist ein Montagsauto, in dem so ein gefräßiger Montagswurm schlängelt. Man kriegt ihn einfach nicht zu fassen. Vor Jahren hab‘ ich mal diesen Text über den Typen geschrieben, aber ich glaube, in diesem Fall hilft mein damaliger Rat nicht. Ich bin ratlos und traurig.
Der Montagswurm
Das Jagdrevier des Montagswurms ist unermesslich. Gewiss, eine märkische Spezialität ist er nicht, aber man kann ihm auch hier ganzjährig immer montags begegnen. Einige sind winzig wie Glühwürmchen, andere hingegen lang wie die Oder. Er lauert bereits im Morgengrauen in Straßengräben und an Schienensträngen. Am allerliebsten provoziert er einen mächtigen Stau, denn darin kann er sich so richtig satt fressen und endlos wachsen. Wovon er sich ernährt? Der Montagswurm frisst Zeit und rülpst dazu ansteckende schlechte Laune unter die Leute. Zeit, die er raubt, ist unwiederbringlich. Deshalb werden am Montagabend den Verrichtungen der Bestohlenen seinetwegen viele Details fehlen. Gleich jenem berüchtigten Montagsauto, das wahrlich keiner besitzen will.
Ein besonders gefräßiger Montagswurm belagert gern die Trasse des RE 1. Maulwurfartig taucht er urplötzlich als Baustelle hinter Fangschleuse auf und verprasst dort massenweise Montagsminuten von gestressten Pendlern, vollmundigen Studenten-Selbstdarstellern, feierlaunigen Ausflüglern, Fastfood futternden Auszubildenden, dubiosen Schmugglern oder schlicht: Reisenden. Vielleicht walten ja nur deshalb einige Zugbegleiter auf dieser Linie so unerhört barsch, unhöflich und manchmal sogar richtig militant ihres Amtes als Servicepersonal. Sie sind offenbar nur genervt von diesem Montagswurm, dem es gut gelingt, jene Dienstleister die ganze Woche über anzusäuern.
Also, wenn Sie das nächste Mal einem Montagswurm begegnen – Ruhe bewahren! Luft anhalten, bis sich sein Schlechte-Laune-Atem verzogen hat (nach drei Sekunden ist er wirkungslos). Der allein produziert nämlich erst das Fluidum, in dem ein Montagswurm zum Giganten mutiert. Und sollten Sie ganz ungewollt bereits in seiner Falle stecken, dann schauen Sie sich derweil ein liebgewordenes Erinnerungsfoto an (nicht vergessen, eines einzustecken), das Sie zum Lächeln und auf andere Gedanken bringt. Dann verschwindet der Typ – lautlos und ganz unauffällig.
Es ist still geworden im Dreiländerwinkel*. Das Arbeitsvolk hat seine Koffer gepackt und ist mit Kind und Kegel davon. Die Alten haben sich vor der Hitze in die Häuser geflüchtet, draußen dödelt die Demse ihr zirpendes Langzeitspiel. Mittags ist es kaum auszuhalten. Und doch scheppern gerade dann, wie aus dem stillen Nichts, Besucher die Gartenglocke. Gestern kamen zwei ehemalige Kolleginnen aus Frankfurt / Oder vorbei. Wirklich bemerkenswert, denn es sind immerhin zweieinhalb Autostunden von dort zu uns. Sie erzählten von den derzeitigen Arbeitsbedingungen und ich dachte bei mir, das klingt von Jahr zu Jahr schlimmer. Die Printjournalisten knabbern wirklich ein hartes Brot, mit störanfälliger Technik, die den Leser zuweilen schaudern lässt, die Macher auch, denn sie wissen nicht, was sie tut (die Technik). Während wir sprachen, dachte ich unentwegt, mein Gott, wie gut, dass ich damit nichts mehr zu schaffen habe. Als die Mädels wieder vom Hof zogen, knisterten nur noch die dürren Grasnelken. In der Bienenküche summte leise ein Motor, der Liebste schleuderte den letzten Honig der Saison ab. Seine Völker bekommen nächste Woche ihr erstes Winterfutter. Wie unterschiedlich doch Zeit läuft. Bei uns ist es die Folge von Ereignissen, die es gefühlt schon herbsteln lässt, ganz gleich, wie hoch der Sonnenstand eigentlich ist …
*Im Dreiländerwinkel stoßen die Landkreise Uckermark mit ihren Dörfern (Groß Dölln), Oberhavel (Kurtschlag und Kappe) und Barnim (Schluft) zusammen.
Ob ihn die Eiszeit neben den Kopfsteinpflasterdamm nach Bülowssiege geschoben hat oder das Städtische Bauamt, ist nicht gewiss, aber kurz vor dem Gutshof der deutschen Romantik hatte ich einen Hühnergott gefunden. Wahrscheinlich war er nur bei einer Ladung Rügen-Kies, aber was so eine echte Märchentante angeht, die schwelgt in diesem kleinen Glück. Ein Feuerstein mit Loch ist vielleicht nichts Besonderes, aber für mich dann doch ein glücksbringender Talisman für meinen Garten. Dort hängt er nun. Gestern ging es am Gut vorbei noch ein paar Meter weiter, dorthin, wo meine Geschichte „Kuppen im Wind“ (aus „Der Duft der warmen Zeit“) beginnt, in einem dieser zwei Kuppenhäuser wohnen Freunde, die wir einmal im Jahr besuchen. Auf eine Kaffeezeit mit dichten Geplauder, dann sind wir schon wieder weg. Ich dachte, ich bringe der Kräuterfee eine ganz besondere Pflanze mit – Odermennig, eines der mächtigsten Kräuter. Sie dankte, lächelte milde und zeigte auf eine Fläche, wo das zarte Zeug in ihrem Garten wucherte. Bei mir gibt es nur drei Pflänzchen auf dem Heidesand, wovon ich eines in die schönste Üppigkeit gebracht hatte… Dort, dicht beim Dammsee, ist der Boden schwer und lehmig, es wächst beinahe alles satt. Am Seeufer gegenüber beginnt Mecklenburg und eine Autostunde weiter die Ostsee, wohin wir es erst wieder im Herbst schaffen werden. Dennoch, diese kleinen Ausfahrten zwischendurch lösen momentweise entspannend den Fokus vom nächsten Tagwerk, unterwegs fliegen Wegweiser zu abgelegenen Behausungen vorbei: „Villa Morgentau“, „Drei Häuser“, „Morgenland“ – ein Traum…
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