Der Tag hängt tropfnass in einer Michsuppe. Schwer im Dämmerlicht aus den Federn zu kommen, zumal der gestrige Lesenachmittag mir noch in den Kochen steckt. Schreiber, Maler, Zeichner sind Einzeltäter. Und wenn sie dann mal in die Öffentlichkeit treten (müssen), jammert meist ihr Naturell noch tagelang im Nachklang. Aber das ist nicht vermeidbar. Seit Jahren arbeite ich an meinen Auftritten, habe sogar mein extremes Lampenfieber aufstellen lassen, seither ist es besser. Die Angst ist geringer geworden, und viel Übung hat die Lesequalität und das Rollenspiel dabei angehoben. Inzwischen freue ich mich sogar auf die allermeisten Lesungen, aber das elende Kraft verheizen dabei ist leider geblieben. Gestern hatte mich eine fitte Senioren-Runde nach Wandlitz gebeten, die es mir leicht machte, und ich hatte auch für sie auch die richtigen Texte zusammengestellt. Zum Beispiel meine Kurzgeschichte „Gerdas Hofgesellschaft“, die sich dem Thema Älterwerden kreativ stellt. Der haben sie amüsiert gelauscht. Wer mag findet diese Geschichte unter diesem Link: hier.
Manchmal geistern sie durch meine Träume, die vernachlässigten Helden aus meinen Büchern. Da mault nachts die Baumseele Wallo mit mir, weil ich schon sooo lange nicht mehr, seine Geschichte bei einer Lesung erzählt habe. Ich habe keine Entschuldigung dafür, nur das Problem, dass ich bei elf Büchern, niemals alle gleichmäßig bedienen kann. Wie machen das nur andere Autoren?
Seit wir vor zehn Jahren in die Schorfheide gezogen sind, haben naturgemäß die regionalen Stoffe Vorrang. Meist werden die aber nur lokal verbreitet, insofern bekomme ich Leseanfragen ausschließlich aus dem Land Brandenburg. Das Großstadtmärchen „Wallos seltsame Reise“ und auch der Meander Memolos schlafen derweil auf unbestimmte in einem schwarzen Zeitloch. Sage keiner, dass wäre Luxus. Es ist eher traurig. Für die Herausgeber scheint mit der Veröffentlichung, jeweils in Kleinauflage, alles getan. Am Ende sind die Bücher nur dort, wo ich auch bin, es bleibt ein Gehen im Kreis.
Es ist zwar noch nicht die “Stille Zeit”, trotzdem haben die “Kleinen Dinge” wieder einmal Zuwachs bekommen: ein fröhliches Wurzelweibchen – ein Energiebündel. Etwas spielen in der Herbstsonne, das streichelt die Seele und kitzelt die den Erinnerungen: Die Distel, die jetzt Hütchen wurde, zum Beispiel. Die Schöne hab ich mir in den späten 80er Jahren von einer Griechenlandreise mitgebracht. Der Zoll hätte sie mir beinahe abgenommen, aber bei diesen seltenen Jugendtouristreisen ins “Kapitalistische Ausland” waren sie dann doch irgendwie “gnädig”. Nach einer Predigt über Einfuhrbestimmungen, durfte ich die paar trockenen Pflanzen mit ins Land bringen. Damals wusste keiner von uns, ob wir jemals wieder ans Mittelmeer kommen werden. Die Disteln hatten so auch manche unsichtbare Stacheln mit der Zeit.
Wir sind wieder zurück von Wind, Wellen, schleifendem Sand und dem schönen Möwengezeter. Eine gewisse Schwere hab ich mir mitgebracht, von der Strandtour von Bansin nach Swinemünde (12,5 Kilometer) und zurück bis Ahlbeck (weitere 6,5 Kilometer). Dort musste ich ein Taxi besteigen. Hab wohl irgendwie von Kraft geträumt …
Zuhause erwartetet im Briefkasten ein Paketzettel: Purpurroter Cousinot. Bei meiner Recherche zu den beliebtesten Weihnachtsäpfeln Norddeutschlands bin ich letzte Woche über ihn gestolpert und konnte nicht umhin, einen bei der Baumschule Horstmann zu bestellen. Die hat mich bei Pflanzen noch nie enttäuscht und ihr Verpackungsmaterial – Stroh im Karton – kommt im Frühling noch um rund um die Erdbeeren zum Einsatz. Auch wenn ich diese Paradiesfrucht nicht mit ins Jenseits nehmen kann, irgendwann wird dieser Baum zur Weihnachtszeit ein Kinderherz erfreuen. Leider vergeht bis Apfelbäume gut tragen viel Zeit, die ich gewiss nicht mehr habe. Trotzdem, einen Baum für die Kinder und Kindeskinder zu pflanzen ist eine feine, stille Freude. Ich hab ihn gut versorgt, den Weihnachtlichen. Der Zehdenicker Apfelmann gab mir einst den Tipp, in die Windrichtungen Osten und Westen dem Jungbaum anständig Mist ins Pflanzloch zu stopfen, damit der Baum dorthin stärkere Wurzeln ausbildet und dank ihrer, den starken Herbst- und Frühjahrsstürmen widersteht. Ich hab den guten Rat befolgt, danke lieber Apfelmann…:)
Die Lieder sind gesungen, die Kürbisfratzen geschnitzt und der Kurtschlager Kürbiskönig gekrönt. Es ist Kalle, einer unserer Dorfspatzensänger, der schon vergangenes Jahr die Krone trug. Das dörfliche Herbstfest zog vor allem die Älteren und die wenigen ganz, ganz Jungen an.
Abends zum Einheitfestfeuer kamen auch die Mittelalterlichen und erzählten sich von ihren abenteuerlichen Heimfahrten am stürmischen Donnerstag.
Kaichens Frau war zwischen zwei Baumstürzen, vor und hinter ihrem Auto gefangen. Auf der dünnen Waldstraße von Wesendorf nach Kurtschlag – im tiefen im Funkloch… Man ist beeindruckt von den Meldungen, den Rettungen und den sorglosen Schleichwegen, die mancher kühn (oder leichtsinnig) durch den versperrten Schorfheidewald nahm.
Nun denn, wir werden uns an solche stürmischen Ausnahmezustände “gewöhnen” müssen. Denn sie werden mit dem Klimawandel kommen.
In der nächsten Woche herrscht hier im “Schorfheidewald” Blogpause, wir nehmen einfach Mal ein paar Tage frei.
Ohne Strom. Gestern gegen 17 Uhr wurden wir auf ungewisse Zeit in Urgroßvaters Zeiten zurückkatapultiert: Kein Licht, kein Wasser, keine Heizung, kein Herd… Bei Kerzenlicht haben wir den Abend verbracht. Ein kleines batteriebetriebenes Radio half uns dabei. Dazu haben wir stundenlang Backgammon gespielt. 1.27 Uhr war das Licht zurück. Der Sturm XAVIER hat uns nicht weiter beschädigt – ein Glück. Aber ohne Strom, da wird einem wieder einmal klar, wie leicht verwundbar wir mit unserer modernen Technik sind. Mit dem schnellen Internet ist zugleich das Festnetztelefon an die Internet-Telefonie angeschlossen – heißt, auch das ging natürlich nicht. Unser Schorfheidedorf liegt im Funkloch … Alternativen via Handy gibt es also nicht. Da sollte wirklich keiner in Not geraten. Ich habe am frühen Abend noch versucht ein Weilchen bei Kerzenlicht etwas zu arbeiten, aber auch das war sehr eingeschränkt. Ein paar Sprüchevögel sind es nur geworden. Produktivität ohne Elektrizität ist eben nicht… Dafür gab es lange, gute Gespräche.
Ja, die undankbaren Ossis… schon wieder einmal … und nach all den neuerlichen Irrungen und Wirrungen … sagt doch wieder eine: “Man muss endlich ganz viel erzählen und einander zuhören.” Du meine Güte. Die Ossis der 90er Jahre haben sich bis zum Erbrechen erklärt, aber es wollte doch nicht wirklich jemand wissen, was ihnen wichtig war. Ich habe damals schon über linken und rechten Extremismus in Romanform geschrieben, selbst das hat einfach kaum wen interessiert. 1993. Seitdem schreibe ich Märchen. Das sagt wohl alles. Ich gehöre zu jenen Menschen, die nach der Wende nie wieder einen festen Job bekommen haben. Nur weil ich nicht in der sozialen Hängematte herumdümpeln wollte, bin ich in die Freiberuflichkeit gesprungen.
Ich wusste nicht, wie das geht und ich kann Euch sagen, es waren sauschwere, unbeschützte Jahre. Keiner meiner einstigen Kollegen war noch in seinem Beruf unterwegs. Überall, auch im Kulturbetrieb, standen mir plötzlich westdeutsche Entscheidungsträger gegenüber, die mich nicht kannten und mich schon gar nicht brauchten. Sie sind in den Osten gezogen und haben hier über Jahrzehnte die guten Jobs übernommen. Mit ihrem Reichtum sorgten sie mit der Zeit für “ossifreie Zonen” im Osten. Nicht nur bei den Jobs, sondern auch in angesagten Stadtquartieren, Kulturorten … Aber das ist ja bekannt – oder? Und jene, die aus glücklicher Fügung ihre Verlagsjob behalten hatten, fühlten sich sehr bald als die besseren Menschen. Wir hier drinnen und ihr da draußen. 17 Jahres-Honorarverträge habe ich als freie Redakteurin “bekommen”, bevor man den letzten einfach auslaufen ließ. Freiwild eben. Sie ließen zu, dass die Honorare ins bodenlose sanken – Du bist ja schließlich nicht mein Kollege, nur eine Freie. Und so oder so erging es in diesem Teil Deutschlands vielen. Der ganze Mist hat mit dem Zugeständnis zu zwei Tarifzonen begonnen. Das Grundgesetz wurde dafür ausgehebelt. Hernach galt nicht mehr: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Man muss sich also nicht wundern, wenn es irgendwann, nach schlapp 30 Jahren, unter dem Teppich zu stinken beginnt.
PS: Übrigens habe ich mich hier schon einmal sehr ausfühlich zu diesem leidigen Thema geäußert.
Es ist Saisonschluss im Lesegarten. Bis zum Frühling lese ich nun nur noch außerhalb. Halt, das stimmt nicht ganz: Treue Ateliergäste bekommen natürlich in der Adventszeit zum Kaffee von mir eine kleine Geschichte serviert. Ich hab schon mal probeweise die ersten Wiener Mandelkipfel gebacken. Nach dem aufgeregten September brauchten wir einfach etwas Knuspersüßes. Im Advent gibt es bei uns Böhmische Nussplätzchen. Das Rezept wird inzwischen in der dritten Generation von meiner Familie wachgehalten.
Jetzt wird es erst einmal still auf dem Hof und wir beginnen nach und nach mit der Winterfestmachung. Die Bilder im Speicher sind (bei Anmeldung) noch vier Wochen zu sehen, dann werden auch sie verpackt und die Treppe zur Empore geschlossen. Das Häuschen wird dann winterwinzig und im Schreib- und Zeichenatelier ist gerade noch genug Platz für drei bis fünf Gäste. Aber diese Kleingruppen oder Familien empfange ich gerne und hoffe, dass sie sich bei mir nach Weihnachtsgeschenken umsehen. Bitte einfach anrufen, dann wird Ihnen/Euch gerne das Atelier im kleinen Katen geöffnet.
Draußen hat es zu regnen begonnen, genau die richtige Stimmung, um ein Wintermärchen in meinem Kopf wachsen zu lassen. Wann es in die Tasten fällt, ist noch ungewiss. Aber es wird bald sein. Diese schöne Tradition werde ich wohl so lange durchhalten, bis die ersten Sargnägel klimpern…
Nach der Wahl hören wir all die Klagepunkte (Rente, Pflege, Sicherheit…), die Bürger in den Wahlarenen fordernd formuliert haben, jetzt als Programmpunkte aller, die noch politisch mitmischen. Das ist im Grunde gut, aber diese Sachthemen werden in einer Häufigkeit als Formel aufgetischt, dass sie fast schon wie Allgemeinplätze klingen. Dazu werden sie so pathetisch vorgetragen, als hätten man für alle Zeit den Stein der Weisheit geborgen. Doch dem ist nicht so.
Ich wünschte mir, es würde ein öffentliches Phrasenschwein geben, in das jeder Phrasendrescher, der ein öffentliches Amt bekleidet, einzahlen muss. Ein Fünfer pro Plattitüde oder Floskel – wir könnten die Steuern abschaffen… Beispielsweise würde ich zu gerne den Satz zum Verhaltenskodex gegenüber der AFD: „…nicht über jedes Stöckchen springen“ nicht mehr hören. Macht es einfach und kümmert Euch um den Problemstau! Schließlich wurden nicht alle Sorgenplätze der Bürgerschaft in den Talkshows berührt. Es darf also ruhig weiter gefragt werden, was sich ändern muss.
Es ist noch zeitig. Im Ofen backt schon ein Kuchen, während ich verschlafen meine sieben Sinne suche. Zu 10.30 Uhr hat sich der letzte Septemberbesuch im Atelier angekündigt. Es ist eine Gruppe aus dem ehemaligen Zehdenicker Kulturbund, die sich auf eine zweite Stippvisite zu mir aufmachen wird.
Vor sechs Jahren waren sie das erste Mal hier im Quartier. Kurz vor Ostern 2011. Ich weiß noch, dass es lause kalt war, so dass sich die Besucher blitzschnell aus dem Lesegarten in meine Wohnküche verzogen hatten, um eng beieinander heißen Kaffee zu schlürfen. Die Wohnküche misst knapp 24 Quadratmeter … Wie sie dort dicht beieinander hockten, hab ich ihnen einen kleinen Märchenvortrag im Stehen gehalten. Die 20 Leutchen fanden es kuschlig und ich wunderte mich still, dass das Häuschen keine Ausbeulungen bekam…
Mal sehen wie der neuerliche Besuch läuft. Diesmal kann ich draußen im herbstlichen Blumenmond eine Geschichte vorlesen, denn das Wetter soll ja wieder einmal ein Geschenk für uns alle bereit halten, noch nieselt es…
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