24 Heimlichleiten im Advent

Liebe Leserinnen und Leser,

eine frohe Weihnacht, Lebensglück und Gesundheit wünsche ich Euch allen und danke für die Begleitung und das Interesse an schorfheidewald.de. Das vierte Krisenjahr infolge neigt sich und wir sind wohl alle müde von den negativen Ereignissen. Halten wir für die Festzeit inne und kümmern wir uns umeinander.
Eure Petra

PS: Wir haben seit gestern Abend leider zwei rote Teststreifen…

Die Weihnachtsgeschichte für 2024

Heimlichkeiten

Ende November zog Florian Bender in diese Kleinstadt mit S-Bahn-Anschluss. Damit sparte er auf seinem Pendelweg nun zwei Stunden Fahrzeit. Aber noch spürte er nichts von dem Gewinn. Dieses tägliche ins Morgendunkel treten und aus dem Abendschwarz heimkehren machten den jungen Mann unglaublich müde, dass er nachlässig die Schuhe vor der Wohnungstür abstreifte und von dort direkt auf das Schlafsofa fiel. Der Umzug und der Schichtdienst im Labor machten ihm schwer zu schaffen. Ein paar Tage später zündete der Advent ein sanftes Lichtermeer in der Stadt an. Auf der Kunsteisbahn drehten Jugendliche ihre Runden. Florian lockte ein winziger Adventsmarkt in den Stadtpark. Am Glühweinstand drängte sich eine Menschentraube. Aber gut, er hatte ja Zeit. Und wie er da so wartend stand, das Duftgemisch aus gerösteten Mandeln, Zuckerwatte und Wein in sich aufnahm, erinnerte er sich lächelnd an den kleinen Markt, den man in seinem Heimatdorf alljährlich der Gemeinschaft spendierte. „Pur oder mit Schuss?“, fragte eine helle Stimme unter der viel zu großen roten Kapuze. „Äm, pur bitte“, antwortete Florian und sah dabei in zwei fröhliche Augenlichter. Einen Moment nur, dann schob man ihn schon weg vom Ausschank. Er schlürfte langsam seinen Glühwein und schlenderte über den bunten Markt. An einem Lichterstand kaufte er sich einen kleinen roten Adventsstern, damit ging er heim.

Als Florian am nächsten Morgen die Tür zum Treppenhaus öffnete, steckte ein Tannenzweig mit Strohstern in seinen Schuhen. „Wer macht denn sowas?“, murmelte er und sah sich ratlos um. Schläfrige Stille im Haus, kein Laut. Jeden Morgen steckte fortan etwas anderes in seinen Schuhen: Schuhputzcreme, ein Putzlappen, Weihnachtstee, eine Apfelsine mit aufgemaltem lächelndem Gesicht. Am 6. Dezember fand er, obwohl die Schuhe ungeputzt waren, einen Schokoladennikolaus darin. Es folgten Nüsse, Plätzchen, Brillentücher, Lebkuchengewürz und ein handgeschriebenes Weihnachtslied. Der Mann war irritiert und zugleich wundersam berührt. Irgendjemand spielte heimlich den Wichtel, nur wer? Die Tage vergingen, und im Haus duftete es inzwischen hinter fast jeder Tür nach Weihnachtsbäckerei. In Florian machte sich so eine schöne Erwartung auf das Fest breit. Er würde Heiligabend in sein Dorf fahren, um mit Freunden und den Eltern zu feiern. Dafür schlenderte er noch einmal über den Adventsmarkt, um ein paar kleine Geschenke auszusuchen. Auf der Bühne spielten Kinder der Grundschule eine Weihnachtsgeschichte, als Florian den Plätzchenstand entdeckte. Diesmal schenkte die Wichtelfrau mit der viel zu großen Kapuze keinen Glühwein aus. Sie stand am Plätzchenstand und funkelte ihn an. „Wer hat die gebacken?“, erkundigte er sich. Sie erzählte ihm, dass sie diese mit der Klasse 4 b nach einem Rezept ihrer Großmutter gefertigt habe. „Möchten Sie ein Plätzchen probieren?“ Florian kostete: „Hm, lecker, fein-nussig und nicht zu süß. Ich nehme gerne drei Tütchen.“ Während er zahlte, rief es vom Stand gegenüber: „Hey, Lea, kannst du mal schnell kommen? Wir brauchen hier die Weihnachtsfrau!“ Florian sah ihr neugierig nach. An jenem Stand wurden Strohsterne gebastelt, und die helfenden Hände reichten einfach nicht aus. Mit hochroten Wangen nahm sich die Frau mit der viel zu großen Kapuze der Sache an. Weihnachtsfrau, sinnierte Florian und dachte: wie schön. Im Vorbeigehen wehten seine Worte durch das Kinderstimmengewirr am Sternestand: „Gefällt mir, was Sie hier tun!“ Lea sah strahlend zu ihm auf, aber da zerrte bereits wieder ein Mädchen an ihr herum: „Zeig doch mal…!“
Fünf Uhr morgens öffnete Florian leise die Tür, denn er hoffte, endlich diesen Wichtel zu entdecken. Aber nein, wieder nicht. Diesmal steckten in seinen Schuhen zwei Plätzchentüten. Genau die Gleichen, die er gestern auf dem Adventsmarkt erworben hatte. Plötzlich ahnte er, wer hier den Wichtel gab. Er stieg hinunter zu den Briefkästen und fand den Namen: Lea Winter. Sieh an, die Weihnachtsfrau hat hier ihr Quartier.

Lea Winter schlich in aller Früh vor die Einraumwohnung ihres neuen Nachbarn, dem sie hier noch nie begegnet war. Sie steckte ein paar handgestrickte Socken in die Schuhe und dachte bei sich: Schuhe vor der Haustür, was für eine blöde Marotte. Vielleicht merkt er es, wenn ich die Latschen nach dem Fest nicht mehr füttere. Als sie sich umdrehte, sah sie ein Päckchen an ihrem Türknopf baumeln. Ein roter Stern verbarg sich darin und ein Zettel mit der Botschaft: „Vom Wichtel der Weihnachtsfrau – wünsche frohes Fest!“

Und das waren sie, die…

Text & Zeichnungen: Petra Elsner

5 Gedanken zu „24 Heimlichleiten im Advent“

  1. Liebe Petra, lieber Lutz,

    Rot sollte an den Feiertagen eigentlich nur der Weihnachtsmann tragen, und nicht eure Teststreifen…
    Das Ungemach hält sich hartnäckig bei euch in diesem Jahr. Das kann nur besser werden!
    Wir wünschen euch schnelle gute Besserung – und sagen DANKE für die bezaubernde Begleitung durch den Advent.
    Seid umarmt,
    Ines & Manne

    1. Liebe Ines und lieber Manne,
      frohe Weihnachten wünschen wir Euch und danken für Eure guten Wünsche. Ja, das war kein gutes Jahr für uns, möge diese Episode die letzte dieserart sein! Wir husten derweil um die Wette…

  2. Ohje, da wünschen wir Euch schnelle und vollständige Genesung!
    Hab‘ Dank, liebe Petra, für diese wieder einmal schöne Geschichte.
    Alles Liebe, Manni und Edeltraut

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