Der Bierbauch

Alle guten Dinge sind DREI – der vorerst letzte Mini-Bier-Krimi:

Der Bierbauch
Eduard Kaminke liebte alle kraftvollen Biere dieser Welt. Sie sind gewissermaßen sein Grundnahrungsmittel. Mit den Jahren schob er schon eine echte Kugel vor sich her. Eine Bauchkugel, die bedrohlich weiterwuchs. Denn es ist einfach so: Wer viel Bier trinkt, will mit der Zeit immer mehr davon. Nun war aber Eduard Kaminke von Beruf Schornsteinfeger, also für saubere Schlote und das Glück zuständig. Eines Tages aber passte er nicht mehr durch die Dachluke des Hauses von Friedbert Seelig. Schlimmer noch, er steckte bei dem Versuch des Rückzugs pfropfen-fest. Der alleinstehende Herr Seelig war in den wohlverdienten Jahresurlaub gefahren und hatte ihm den Hausschlüssel unter der Fußmatte hinterlassen. Niemand würde ihm helfen können. Kaminke hechelte unter seiner Platznot, sollte er nun seinen schönen Bierbauch abschwitzen, bevor er seiner Zwangslage entkommen könnte. Es wurde Nacht, sein Magen knurrte erbärmlich, aber der Bauch war keinen Zentimeter geschrumpft. Im Gegenteil, ihm schien, er wäre in dieser Pressung angeschwollen. Wo war nur sein Schornsteinfegerglück geblieben? Er versuchte irgendwie baumelnd, hängend zu schlafen, als unten auf der Straße ein Krakele losbrach. Zwei Männer stritten sich hart, hassbeladen und laut. Plötzlich schepperte offenbar ein Bierkasten auf den Boden und ein Mordsgeschrei erfüllte die schwarze Nacht. „Du Zechpreller! Du Verschwender! Du Schnorrer! Du Hohlkörper! Dass war meine Kiste! Hohl‘ eine Neue – jetzt gleich und sofort!“ Die Stimmen überschlugen sich trunken und der andere Zecher grölte zurück: „Messer weg, du Geizhals! Das ist kein Spaß mehr!“

Wurde dort unten gerade einer abgestochen? Angstschweiß ran dem eingeklemmten Schornsteinfeger über die Haut. Und wie er da so nass und erschrocken in der Luke hing, flutschte er plötzlich aus der unsäglichen Umklammerung. Zitternd stand er nun auf der Straße. Hatte er einen Mord erlebt? Na, gesehen hatte er eigentlich nichts, nur gehört. Es wechselte die Straßenseite zu dem vagen Ort des Geschehens. Es war kein Blut und keine Leiche in Sicht, aber jede Menge Flaschenglas und eine Bierlache, die wirklich herb-schön roch. Also offenbar war es ein Flaschenmord, sinnierte der Mann und dachte, ein Jammer! Kaminke schlenderte in seine gemütliche Stammkneipe, um sich von dem Schreck zu erholen. Als er hochrot das erste schöne Bierchen zischen ließ, kam der Wirt völlig aufgelöst aus dem Hinterhof und rief entsetzt in die Runde: „Mein ganzes Bier ist geklaut worden! Etliche Kisten und das Freitagsfass sind längs leer gezapft! Männer – heute gibst nichts mehr.“ Und Eduard Kaminkes schöner Bierbauch bekam in dieser Nacht die unerwartete Chance ein wenig zu schrumpfen.

© Petra ElsnerZum ersten Mini-Krimi hier klicken.

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2 Gedanken zu „Der Bierbauch“

  1. Ja, lieber Carl: das Paradies namens Erinnerungen… Ich bin jetzt schon 12 Jahre in der Schorfheide, aber die Berliner Kiezkneipe mit all den Kneipenclowns und Plaudertaschen fehlt mir halt sehr. Dafür wohnt hier die Stille.

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