Die Tage vergingen und Weihnachten rückte heran. Rudi Sonne und Leon hatten seit jener abendlichen Begegnung dem kleinen Eichkater täglich drei Nüsse spendiert. Ohne goldene Farbe, versteht sich. Fridolin besuchte sie immer zur gleichen Stunde. Es tönte dazu ganz leise, weil an seinem Sprungast zwei Weihnachtsglocken hingen, die natürlich mit der Bewegung läuteten.
An diesem Abend standen die Jungs von der Kinderfeuerwehr vor Rudi Sonnes Tür. Sie waren extra zum Revierförster gefahren, bei dem in dieser Jahreszeit auch Eicheln für die Waldtiere lagerten. Längst war es stadtbekannt, dass Leon und der Maler 200 Nüsse vergoldet hatten, die Fridolin samt und sonders vom Baum gepflückt und versteckt hatte. Den jungen Kameraden war ihre Unterstellung wirklich peinlich, und sie baten Leon mit einer großen Schüssel Eicheln in den Händen um Verzeihung. „Schwamm drüber!“, meine der nur großzügig. Alles schien gut, denn auch die Händler hatten den kleinen flauschigen Kerl tief in ihr Herz geschlossen und verwöhnten ihn mit schönsten Früchten. Die Nachtwächter wurden abbestellt. Fridolins akrobatische Aktionen brachten die Menschen auf dem Platze oft zum Lachen, es schien fast, als gehörte er für immer an diesen Ort.
Nur was sollte werden, wenn der Markt am Heiligen Abend schloss und der Weihnachtsbaum nach den Feiertagen abgeschmückt und zu Kompost verarbeitet werden würde? Gewiss, die Bewohner am Markt würden Friedolin auch weiter füttern. Aber auf dem Marktplatz standen keine Bäume, und es gab auch keinen schönen Stadtpark. Wo sollte er eine Höhle finden, wo einen Fluchtpunkt und sicheren Ort? Und sollte dieses Eichhörnchen immer ohne Gefährtin leben? Leon und Rudi rauften sich die Haare über diesen Gedanken, denn ihnen wurde klar: Sie mussten etwas unternehmen.
Zuerst fragten sie den Ortsbrandmeister Lemke, wer denn den Baum der Stadt geschenkt hätte. Lemke wusste das nicht. Er habe den Baum doch nur aufstellen lassen und geschmückt: „Da müsst ihr wohl den Bürgermeister fragen.“ Doch auch Conrad Lob konnte keine Auskunft zu geben: „Sprecht einmal mit der Unteren Naturschutzbehörde, der Bodo Grünlich ist dort der Baumexperte.“
Besagter Sachverständige und Baumfreund wusste, von welchem Haus am Wald die Tanne stammte: „Nicht wahr? Der Baum war viel zu schön zum Fällen. Aber wenn es um einen Weihnachtsbaum geht, drücke ich alle Augen zu. Was? Der Fridolin von der Tanne ist nicht rechtzeitig ausgezogen und hockt nun auf den öden Stadtsteinen? Das ist ja furchtbar!“, rief Grünlich aufgebracht.
Der Maler und der Junge saßen noch lange bei dem Naturbeamten und hörten sich geduldig an, was so ein Tier frisst und was nicht, wie es artgerecht gehalten wird und was geschehen könnte, wenn nicht. Eines war gewiss, Fridolin von der Weihnachtstanne musste dorthin zurück, wo er herkam ….
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