Der Herr Dezember und der Zeitzauberer

Der fabelhafte Herr Mermel zaubert Schnee.

Eine Weihnachtsgeschichte

Der Herr Dezember hatte dem Zauberer versprochen, pünktlich zu sein, aber er war nicht gekommen. Er sollte ein bisschen Schneegestöber für den 1. Advent mitbringen, doch offensichtlich war daraus nichts geworden. Wo er nur steckte? Hatte er sich im Kalender verirrt, irgendwo zwischen den Zahlen und Zeiträumen? Oder war er umwölkt versunken in einem Herbsttief? Über dem Weihnachtsmarkt verschwand eine späte Herbstsonne vom Abendhimmel und die Kinder schwitzten unter ihren dicken Mützen, denn er, der fabelhafte Herr Mermel hatte ihnen Schnee und Kälte versprochen. Und nun? Natürlich war der Zauberer Mermel auf alle Eventualitäten vorbereitet. Er griff in seiner Manteltasche nach dem großen lila Fächer und dem winzigen Päckchen Papierflocken. Unsichtbar für die vielen Kinderaugen nahm er sich eine Hand voll Flocken und ließ sie nun langsam zwischen den Fingern herabrieseln. Mit der anderen Hand fächerte er den Flocken Luft zu und augenblicklich sah es so aus, als würde er einen kleinen Schneesturm herbeizaubern. „Oh!“ und „Ah!“ rauntes es um den Schneezauberer. Der unerwartete visuelle Effekt rettete ihm seinen Abgang. Den aber hatte sich der fabelhafte Herr Mermel ganz anders vorgestellt. Er war mit seinen Flocken von der großen Weihnachtsmarktbühne gesprungen und tauchte mit hängenden Schultern in der Menge ab. Dabei dachte er eben noch, gerade hier, wo die Menschen sich auf das hohe Fest einstimmen, könnte er etwas über die geheimnisvollen Phänomene der Weihnachtszeit erzählen. Er wollte ihnen diesen sonderbaren Raum erklären, in dem die glücklichste Zeit wohnen kann, wenn man sie hineinlässt. Vielleicht hätte er dem Publikum auch noch verraten können, weshalb die Zeit darin mal schneller und mal langsamer voranschritt. Denn er wusste: Zeit ist das größte Geheimnis und Glück überhaupt. Aber zu der rechten Zeit gehört auch das richtige Wetter. Wo nur war der Herr Dezember mit seinem versprochenen Schnee abgeblieben?

Der goldene Wächter des Kalenders stoppte den Lauf der Zeit. Natürlich durfte er das gar nicht, aber er hatte einen Pakt mit der Gier geschlossen. Er lachte dazu hämisch und stampfte seinen mächtigen Spieß fest in den Kalenderboden. Auf der Lanzenspitze stecke eine Schneekugel, die den geschrumpften Herrn Dezember gefangen hielt. Seit sieben Jahren schnippte der Kalenderwächter den Schneewinter aus der Jahreszeit und ließ damit den Herr Sommer übermächtig werden. Der gefiel ihm viel besser, denn im Sommer gab es nicht diese besinnliche Zeit, in der sich die Herzmenschen einander zuwandten und das hektische Treiben aus ihren Festtagen verdrängten. Dieses Menscheln um das große Geheimnis der Dezemberzeit nervte den Wächter. Er glaubte die Macht zu besitzen, diese festliche Stille gegen das Motto „Zeit ist Geld“ austauschen zu können und schob es nun mit voller Wucht den Menschen in die Nacken.

Der fabelhafte Herr Mermel ahnte Schlimmes. Er eilte in seine Werkstatt und zauberte sich einen Gehilfen, einen Zeitengel, den er aussandte, den Herrn Dezember zu suchen. Der Zeitengel durchstöberte sorgsam jeden Winkel des Kalendariums. Dabei war ihm aufgefallen, dass auch der Herbst zu schrumpfen begann. Bald gelangte er an die Lanze des Wächters und sah was geschehen war. 
Der fabelhafte Herr Mermel hatte eine Idee: Er zauberte tausende Zeitengel mit Bauchläden voller Wunderzeittüten. Auf jedem Marktplatz der Welt standen sie am Heiligen Abend und verschenkten Wunderzeittüten mit Schneekugeln darin. Noch in dieser Nacht schüttelten unzählige Kinderhände einen Wintersturm herbei, der den Kalenderboden ins Wanken brachte. Die Macht des gierigen Wächters verwehte, denn er konnte gegen das Wünschen und Träumen nicht ankommen. Ein alter Zeitmeister erschien, riss die Lanze aus der Kalenderzeit und verjagte schließlich den haltlosen Wächter aus dem Amt. Der Herr Dezember kam frei, er streckte sich zu voller Größe und seine Wunderzeit begann.© Petra Elsner

 

 

 

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6 Gedanken zu „Der Herr Dezember und der Zeitzauberer“

  1. Liebe Petra, ich danke dir dafür ein Weihnachtspost-Empfänger zu sein, deine vielen zauberhaften Geschichten lesen, und deine wunderschönen Zeichnungen bewundern zu dürfen! Ich wünsche dir friedliche und glückliche Weihnachten <3

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