Morgenstunde (5)

In den Weiden…

Sonnenfunken gaukeln in den Morgen ein letztes Lied vom Sommer. Doch dieses Licht tanzt nur windig, nicht warm. Acht Grad Aufstehtemperatur – da muss frau für den Wohlfühlzustand richtig zaubern. Ein paar Lindenklanghölzchen in den Weiden reichen dazu nicht aus. Wir werden jetzt ins Auto steigen und an die Oder fahren. Dem Wetter voraus. Dort wird der Tag am längsten regenfrei sein. Ich will neue Blicke sammeln. Diesseits des Stroms, nicht jenseits im Land meiner väterlichen Ahnen. Mit gekappten Wurzeln lässt sich schlecht wachsen – das ist eines meiner Merkzeichen auf meinen weisen Sprüchevögeln. Geflossen aus erlebter Wahrnehmung. Dieses Ziehen in die Fremde, auf blutigen Fluchtwegen hat ein großes Schweigen in meiner Sippe hinterlassen und einen ängstlichen Zukunftsblick. Gefühlt habe ich den immer noch in meinem Nacken. Gewehrt dagegen – ein Leben lang.

(pe, 24. August 2017)

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