Morgenstunde (293. Blog-Notat)

Die Nachrichtenwucht der Coronazeit ist wirklich erdrückend. Jeden Tag diese fortschreitenden Meldungen mit der Aussicht, dass es 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung erwischen wird, nur eben ein bisschen später. Ich überlege doch ernsthaft, mein Arbeitstempo zu drosseln, weil ich die Projekte vielleicht eh nicht mehr abschließen kann. Ich gehöre mit meiner Lungenkrankheit zu dieser Risikogruppe. Also aufräumen und in die Stille lauschen? Dafür den Bienen in den Krokussen zuzusehen. Schönheit aufsaugen, das ganze System runterfahren und vielleicht auch einfach die Nachrichten abschalten? Stattdessen das Graswachsen interpretieren? Geht gar nicht. Es ist leicht zu sagen: Mach dich nicht irre! Aber wie soll das gehen? Man kann sich dem Geschehen nicht dauerhaft entziehen und irgendjemand wird das Virus schlussendlich mitbringen.

Morgenstunde (292. Blog-Notat)

„Die Lage ist ernst“ haben wir gestern von Minister Spahn gehört und immer noch winken viele ab: Panikmache und leben so weiter wie eh und je. Betrifft ja nur die Alten, die Hochbetagten und die Kranken. Welche Rücksichtslosigkeit etlichen Mitmenschen eigen ist, konnte man exemplarisch am Vorabend der Sperrung des italienischen Nordens sehen. Mir geht dieses TV-Bild einer auf der Treppe drängelnden, durchgehuschten jungen Frau mit Mundschutz nicht aus dem Sinn, die zum letzten Zug gen Süden hastet. Zu Mama und der handgemachten Pasta. Ich dachte dazu, solche wie die tragen das Virus jetzt in die Häuser der Alten und seit heute bestätigen meine Annahme die Nachrichten: Über Tausend neue Fälle in Süditalien. Herrje und jetzt ist ganz Italien eine Sperrzone! Die Alten – das sind Eure Mütter und Väter oder die großen Eltern der Familie, die Hochbetagten. Italien hat noch mehr Alte in der Bevölkerung als Deutschland, weil deren Kinder in ganz Europa jobben. Die meisten Alten heißt: die meisten Toten. Und selbst, wenn die Jungen nur milde Krankheitsverläufe erleben, manche deshalb nicht einmal den Arzt aufsuchen – sie sind Überträger. Chefvirologe der Charité Prof. Dorsten meinte gestern u.a. in der täglichen PK: … „Die Großeltern gehören geschützt.“ Heißt, auf unnötige Besuche ein kleines Weilchen zu verzichten, das muss doch möglich sein. Man muss seine Infekte (auch andere) nicht immer quer durch die Landschaft tragen und andere mitreißen. Man kann mit dem Hintern auch mal ganz entspannt zuhause bleiben und ein gutes Buch lesen, einen oder zwei lange Briefe schreiben, den Frühjahrsputz vorverlegen oder was auch immer – Kontakteverzicht auf Zeit ist durchaus auszuhalten.

Morgenstunde (291. Blog-Notat)

Schwestern 1969

Eigentlich mag ich diesen Frauentag nicht. Zu DDR-Zeiten war das sehr oft nur ein lächerliches Besäufnis, wozu die Chefs in Schürze servierten. Und heute? Heute erinnert mich dieser Tag, dass es eben immer noch so unterschiedlich für Männer und Frauen zugeht. Leider. Ich hab mich daran nie wirklich gehalten, aber gespürt hab ich es natürlich überall. Aber ich mag mich nicht ein- oder unterordnen, weil ich nicht zweitklassig bin! In der Kopfnote „Betragen“ hatte ich deswegen lange eine Drei und den Zusatz „Fügt sich nicht ein, ihr Betragen ist nicht immer zufriedenstellend.“ Oh je, also öfter noch schlechter als Drei, und dass als Mädchen! Da ist es schon wieder. Nicht sittsam, nicht anpassungsfähig, auffällig – manchmal. Meine zurückhaltende Schwester (im Bild die Dunkle) war das alles, aber sie wolle Mathe studieren! Ha, ein Griff nach der Herrenkrone. Darin war sie stark, leider wurde sie früh sehr krank und dann wurde doch nichts daraus. Trotzdem, sie hatte sich aufgemacht, denn Zahlen sind eindeutig und nicht interpretierbar wie zum Beispiel KUNST, in der die Herren immer noch ihre Klüngel pflegen. Nun denn, macht mal, ich kann ohne Euch 😊, und wer‘s braucht, soll heute feiern. Ich feiere diesen Tag (wenn es den dann noch geben sollte) erst, wenn wir wirklich chancengleich sind: Männer & Frauen, es wäre ein Glücksfall.

PS: Ja, ich höre schon wieder auf zu quasseln und kehre jetzt in meine blog-schweigsame Klausur 2020 zurück...😊

EIN KLEID GANZ AUS SCHNEE

Kleiner Zwischenruf aus meiner Blog-Pause, weil dieses Buch so verzaubernd ist und ihm leider die Leipziger Buchmesse fehlt – diese Empfehlung:

Ein Kleid, ganz aus Schnee

Märchenhafte Geschichten von Ingrid Annel     

Was für eine wundervolle Idee, alte Märchen einfach weiter zu erzählen. Da entdeckt ein Hase in einem alten Märchenbuch den peinlichen Wettkampf eines Artgenossen, der vor Zeiten von einem Igelpärchen gelinkt wurde. Was für ein Skandal! Deshalb fordert nun auch Hase Hubert das benachbarte Igelpaar zu einem ehrenrettenden Wettkampf hinaus und: scheitert. Gold- und Pechmarie verwandeln sich ins Gegenteil und die sieben Zwerge haben uns doch glatt den achten und neunten Zwerg verschwiegen.
Autorin Ingrid Annel schreibt ganz in der Tradition der großen Märchenerzähler und entstaubt dafür alte Legenden. Ihre Geschichten beginnen dort, wo die Hausmärchen der Gebrüder Grimm mit ungewissem Ausgang in „Der goldene Schlüssel“ enden. Sie macht daraus drei Schlüssel und schickt mit diesen drei Brüder auf den Weg, die passende Tür zum Glück zu finden. Dabei verrät sie ganz beiläufig, dass das Glück für jeden anders aussieht. Wie wahr und erzählt wird nicht nur in „Drei Schlüssel zum Glück“ vollkommen ohne erhobenen Zeigefinger.

Ingrid Annel pflegt einen klaren, ganz schnörkellosen Erzählstil, überrascht mit witzigen Pointen und unerwarteten Wendungen. Nicht immer führen ihre Geschichten in ein Happy End. Dort, wo es die Helden gierig umtreibt, landen sie im auch schon einmal in einem Desaster. So wie beispielsweise in „Das Gold vom Himmel herunter“, in dem ein TV-Bericht von einem Mädchen berichtet, dass wirklich alles verschenkte und dafür Taler von den Sternen bekam. Alle, die diese Sendung sahen, versuchten es dem Sterntalerkind gleich zu tun, sie verschenkten, was sie besaßen. Und die Sterne? Sie wunderten sich nur über die vielen Nackten dort unten auf der nächtlichen Waldlichtung.
Wunschträume enden nicht selten in Schall und Rauch. In der titelgebenden Geschichte wünscht sich eine afrikanische Prinzessin „Ein Kleid, ganz aus Schnee“. Niemand kann es ihr bringen, kein Prinz, kein Edelmann. Aber mit der Hilfe eines klugen Kochs findet sie zu ihm, für einen Lebensmoment. In „Irmelind und die sieben Zwerge“ schafft die Autorin aus einem Märchen-Cocktail einen ganz abenteuerlichen Plot, der Zwerge in sondersame Liebhaber verwandelt, nur damit die junge Frau ihren Prinzen bekommen kann. Insgesamt hat Ingrid Annel mit diesem zauberhaften Buch eine herzerfrischende Märchenlektüre geschaffen, die ich hier gerne weiterempfehle.

Petra Elsner

„Ein Kleid, ganz aus Schnee“ von Ingrid Annel, erschienen 2019 im Verlag TASTEN & TYPEN, Bad Tabarz, Hardcover mit Umschlag, 240 Seiten. Preis: 19,80 Euro, ISBN 978-3-945605-39-4

 

 

Morgenstunde (290. Blog-Notat)

So, liebe Leute, ich tauche mal wieder für eine längere Schreibzeit ab. Muss Ablenkung ausblenden, damit ich das nächste Kurzgeschichten-Projekt bis in den April stemmen kann. Heißt, wie letzten Winter gehe ich in Klausur und halte Blog-Pause. Ich hoffe, die Konzentration schärft meinen Blick für die Dramaturgie der fiktiven Szenarien in einer realen Landschaft.
Habt alle miteinander eine gute Zeit,
Eure Petra

 

Ach, übrigens:
Am 1. März im MÄRKER Oranienburg:

Herzlichen Dank, liebe Antje!!!!!

Morgenstunde (289. Blog-Notat)

Das achte Kalenderblatt für 2021. Zeichnung: Petra Elsner

Bisher war es eine stille Woche. Dröge irgendwie auch, weil ich wieder einmal einen ganzen gestrigen Tag in alten Dokumenten kramen musste. Dass zieht mich immer runter und dazu diese Nachrichten. Schaurig, diese Untat in Hanau. Wie lange sich die Idee vom Herrenmenschen doch hält, wie ein Drachenkopf, der immer wieder nachwächst. Mich macht das unglaublich traurig. Aber man kann den Drachen nicht „enthaupten“, man muss ihn zähmen. Und man kann das, denn der Nährboden für diesen mörderischen Hass ist immer die Erosion der Lebensverhältnisse, die Unwägbarkeiten. Unbezahlbare Mieten, desolate Arbeitsverhältnisse… hier hat die Gesellschaft Möglichkeiten, indem sie den Einzelnen nicht dem freien Spiel der Marktkräfte aussetzt. Wo Mitmenschlichkeit der wirtschaftlichen Eliten ein Fremdwort ist, braucht man sie über Exzesse nicht zu wundern. Dennoch, es gib keine Entschuldigung. Ich kann das alles nicht gut aushalten und deshalb zeichne ich mir EIN Lächeln in diesen grauen Tag: Das achte Kalenderblatt für 2021 halt….

Herzweg

Abgenutzt von kalten Kriegen
stiehlt mein Herz sich leis davon.
Watet durch die dichten Nebel
zu der eigenen Mission.
Ohne Halt und Anker
schifft es durch die Zeit.
Schlägt in aller Stille
eine Ewigkeit.


© Petra Elsner
16. Februar 2020

Morgenstunde (287. Blog-Notat)

Dieser Tag hieß: Sonne satt und Zeit zum Schauen. Die kleine Tour zur Walnussmeisterei in Herzberg (Ostprignitz-Ruppiner Land) hatte etwas von Frühlingsausfahrt. Überall in den Gärten zartes Leuchten der Krokusse und Winterlinge. Schneeglöckchen selbst in den lichten Wäldern. Das Licht war eine Streicheleinheit fürs Gemüt. Nach der dritten Nussverkostung, hatten wir unsere Sorte gefunden: Alsószentivani 117, mild-würzig, ertragssicher, nun – dass wird sich noch zeigen müssen auf unserem Heideboden. Ja, er wird natürlich gefüttert, trotzdem muss ich mich gut kümmern, damit aus ihm etwas wird. Noch ist er nur eine Rute von 1, 50 m, also nicht gerade ein Fotomotiv 😊. Auf dem Rückweg gabs einen Boxenstopp bei Reinhard und M.. Ein bisschen Plaudern zum Kaffee, wobei der fleißige Selbstversorger mich mit Stockrosenpflanzen und Sonnenrosensamen beglückt hat. Eine echte Freude für mich und wenn sie, die Stockrosen, bei mir gedeihen sollten, werden sie nach ihm heißen (Reinhards Röschen), wie alle Gartengeschenke von Freunden deren Namen tragen. Manchmal müssten deren doch die Ohren klingen, wenn ich bei meinen Gartengängen mit ihren Pflanzen spreche 😊.  Auf meinem Zeichenplatz entsteht seit gestern ein neues Kalendermotiv für 2021, morgen werde ich es bestimmt abschließen, aber heute ist einfach mal atelierfrei…

Morgenstunde (286. Blog-Notat)

Immer noch fegt ein ruppiger Wind durch die Landschaft und es fühlt sich zwischen all den Frühlingswettern mit Pollen- und Bienenflug auch mal winterlich an. Die Wetterbeobachterin wundert inzwischen gar nichts mehr. Trotzdem werden wir am Wochenende in die Walnussmeisterei nach Herzberg fahren, um einen Baum zu kaufen. In zehn Jahren werden wir dann selbst reichlich Walnüsse ernten. Mal sehen, ob ich da noch dabei bin, wenn nicht, freuts einen anderen. Eigentlich wollte ich schon vor Jahren einen Walnussbaum pflanzen, Zeuthener Freunde hatten mir einen versprochen. Aber dann war die Zeit wieder hektisch und der Baum wuchs und wuchs. Irgendwann war er nicht mehr transportabel 😊. So geht’s manchmal, jetzt kommt der Baum, dessen grüner Seele ich 1993 meine erste märchenhafte Geschichte gewidmet hatte, eben etwas später zu mir. Das Loch ist bereits gegraben, Pflanzerde ist beschafft, Samstag werden wir Nüsse verkosten und eine Art wählen, ich bin gespannt….