… das war die zweite XXL-Kunstpostkarte – der Frühling. Die wird gerne als „Liebes- oder Hochzeitskärtchen“ benutzt. Aber der Frühling hat gerade keine Hochzeit, so dreht sich die Karte im Postkartenständer, bis das Jahr wieder den Neubeginn feiert …
Schwarz und samtig
hast du dich in meine Nacht gelegt,
eine warme Flut
schwängerte mein Herz.
Hundert Stunden sind indes
zu einem Tag verklebt,
das lange Beben
verschüttete den Schmerz.
Zwischen Tag und Nacht
schmelzen wir uns ein,
seither flocken aus mir
FARBEN.
Eine Zeitlang habe ich zu meiner Malerei Texte geschrieben, vorzugsweise zu meiner „Millennium-Reihe“. Die fragte: Was ist Leben? Woher nimmt es die Kraft? Es ging mir um alte Fragen nach der Magie des Seins. Dazu erfand ich mir eine neue Maltechnik – eine Schichtenmalerei aus Acryl, Kreiden, Kohle, Schellack und Öl. Ich versuchte Farben als Licht einzusetzen, Raum und Zeit als flirrende Teilchen zu sehen, um einem universellen Miteinander Gestalt zu geben. Beispielsweise zu diesem Bild namens Lichtweg.
… Einige der Cartoons aus der Serie „Schräge Vögel auf Landpartie“ sind inzwischen zu XXL-Kunstpostkarten geworden (aber nicht alle, das wäre für mich wirtschaftlich nicht zu stemmen). Den nächtlichen Stadtflüchigen folgten als erste echte Brandenburger – die Radler. Die sind bei den Pedalrittern als Lebenszeichengruß von den nördlichen Radwegen durchaus begehrt …
Die erste XXL-Karte, die in meinem Postkartenständer steckte, war meine Abschiedskarte von Berlin (2007/08). Sie hat den gedanklichen Untertitel: Wir verlassen diese Stadt. Bisher hatte ich diese Cartoon-Serie ausschießlich in Schwarz-Weiß gezeichnet. In diesem Motiv erwachen die Farben in den aufbrechenden Gestalten …
Neben den vielen Texten, die ich hier in den letzten Wochen serviert habe, zeige ich heute mal wieder etwas aus meinem jüngsten Bildschaffen im September, keine Zeichnung, sondern zwei Geheimnisse auf Leinwand, gespachtelte Farbschauer mit versteckten Symbolen, sichtbare und übermalte … also Such- oder Wimmelbilder.
Neben der großen Schorfheide, die drei Landkreise im Norden Brandenburgs berührt, gibt es auch noch die sogenannte „Kleine Schorfheide“. Es handelt sich um einen ehemaligen Truppenübungsplatz der Russen. Das Naturschutzgebiet Kleine Schorfheide liegt in den Gemarkungen Annenwalde, Beutel, Hammelspring, Lychen, Röddelin und Tangersdorf im Landkreis Uckermark sowie Barsdorf, Blumenow, Bredereiche, Burgwall, Himmelpfort, Marienthal, Tornow und Vogelsang im Landkreis Oberhavel. In den Orten an ihren Rändern des 7000 Hektar umfassenden Gebietes wohnen natürlich auch spannende Menschen.
Zum Beispiel:
Frau Holle
Tief im uckermärkischen Walde erwachen mit der Osterzeit die Märchen, die aus den Grimmschen Werken und auch neuzeitliche. Öffentlich verlesen oder heiter gespielt von großen und von kleinen Waldgästen, und das kam so:
1982 erbten Klaus-Dieter und Sigrid Hollendorf das abgelegene Grundstück bei Metzelthin von den Großeltern. Gut ein Hektar Land, darauf ein schöner Garten und knusper-kleine, Ried gedeckte Blockhäuschen – romantischer geht es kaum noch. Doch das Leben der Beiden war damals so gar nicht so traumhaft, zwischen ABM, Arbeitslosigkeit und Schlechtwettergeld pendelte lieblos die Zeit. Irgendwann fragten Templiner Kulturbündler die Sigrid, ob sie nicht dort draußen, auf ihrem Grundstück, etwas für Kinder inszenieren könnten. Und wer Hollendorf heißt, kann, denn Namen tragen immer auch sinnstiftende Bedeutung in sich, und so entstand das Projekt Märchenland „Frau Holle“ des Kulturbundes e. V. – das war anno 1996.
Jahre später sind Hollendorfs Sohn und Tochter erwachsen und aus dem Haus. Da leben die Eltern im Winter allein im Wald, mit Flöckchen, dem Hund und den sieben Katzen. Für Sigrid, die 60-Jährige, ist es die Jahreszeit, Spiele zu erfinden, Requisiten zu bauen, ein neues Stück für die große Puppenbühne zu schreiben, eben die Flügel der Fantasie weiten, damit die Gäste in der warmen Jahreszeit auch immer etwas neues im Märchenland vorfinden. Klaus-Dieter (56), der Maurer, repariert in der arbeitslosen Schlecht-Wetter-Zeit was Schaden nahm, wenn es wärmer wird, hat er mit dem Märchenland nichts zu tun, sagt er. Aber schaut man sich genauer um, so hat er die Puppenbühne aufgestellt, Backofen und Brunnen gebaut, das Baumhaus und die Sportanlagen, still im Hintergrund, während seine Liebste die Dinge mit Leben erfüllt.
Ihr Spitzname war schon immer „Frau Holle“, vom Familiennamen her, aber daraus ein Arbeitsleben zu gestalten, der Gedanke wurde erst mit der Nachfrage reif. Sigrid gefiel diese Idee: „Die Frau Holle kann uralt im Job werden und muss nicht wie beispielsweise eine Goldmarie irgendwann aus Altersgründen abdanken.“ Eine Sorge weniger, aber ein Sprung in die Selbständigkeit blieb ausgeschlossen, zu gering sind die Einnahmen an diesem Standort. Wovon sollte man da im Winter existieren? Also lebt das Märchenland von Fördermitteln und Projekten.
Längst aber finden neben Schulen und Kitas auch Radtouristen und Urlauber, aber auch Familien aus dem Umland den Weg hierher. Letzteren geht es darum, den schönen Garten mit all seinen Stationen anzusehen und zu nutzen, und sich etwas aus dem Märchenland erzählen zu lassen. Die Kinder können Märchen in dieser natürlichen Umgebung mit Hexenhaus und Märchenbrunnen selbst spielen. Dazu gibt es einen Kostümfundus, zum Beispiel Sieben-Zwergen-Mützen oder Kappen und Umhänge für die Sieben Geißlein.
Inzwischen lädt man Sigrid Hollendorf auch schon mal als Symbolfigur „Frau Holle“ zum Märchenfestival nach Schwerin. Im Winter gibt sie Märchenstunden in Schulen oder auch Hotels. Auf Adventsmärkten verkauft sie selbst gebautes Spielzeug, um von dem Erlös das Märchenland über die nicht geförderten Zeiten zu bringen. Nicht einfach und keine Frage, das Unterfangen könnte feste Sponsoren gebrauchen, damit Frau Holle und ihre ehrenamtliche Hexe noch lange im Walde kindliche Fantasien erwecken.
Kontakt: Märchenland „Frau Holle“ des Kulturbundes e. V. Metzelthin 1, 17268 Metzelthin, Telefon: 039885 2164, Mobil: 0174 6087218. Geöffnet von Ostern bis Ende Oktober: Mittwoch 9 bis 13 Uhr, Samstag: 9 bis 17 Uhr, Sonntag 9 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung.
Na, irgendwie wird das hier eine Kürbiswoche. Für die dicke Beere gibt es, wie gestern schon berichtet, in Kurtschlag seit einigen Jahren ein kleines Fest. Der Kürbis, ebenso wie die Gurke oder Tomate, gehört botanisch gesehen zur Familie der Beeren. Wer die dickste Beere erntet, wird Kürbiskönig. Und ich zeichne für dieses Herbstfest immer einen Kürbisvogel-Cartoon. Zum Beispiel diese zwei:
Herbstzeit ist Kürbiszeit, und die wird in Kurtschlag wieder gefeiert. „Wer hat den dicksten, wer hat den kleinsten Speisekürbis?“ heißt es, wenn am 5. Oktober 2013 der Kurtschlager Kürbiskönig oder die Kürbiskönigin gekürt wird. Ab 15 Uhr steigt in und an der Gaststätte „Mittelpunkt der Erde“ das dörfliche Herbstfest mit allerlei Köstlichkeiten rund um die üppige Frucht. Zum Programm gehören ein Marmeladen-Quiz und das Herbstliedermitsingen. An den Ständen gibt es eine kleine Pflanzen- und Sämereien-Tauschbörse, Herbstkränze und Gestecke, Garten- und Hausdekoartikel, Honig, Karten und Kunstdrucke. Auf kindliche Besucher warten Kürbisschnitzen und Blätterdruck. Gastgeber ist der örtliche Kulturverein, der mit selbst gebackenen Kuchen und leckeren Spezialitäten aufwartet. Das Schorfheidedorf am Döllnfließ freut sich bis 17.30 Uhr auf zahlreiche Besucher auch aus der Nachbarschaft. Der Eintritt ist frei. Und wer Lust hat, kann um 18 Uhr in die Rübengasse umziehen, dort startet die Freiwillige Feuerwehr ihr traditionelles Herbstfeuer, dass immer dem Tag der Deutschen Einheit gewidtmet ist.
Der Sturm peitschte die Birken am Feldrand und Antjes Regenjacke flatterte, als wollte sie zu Flügeln wachsen. Die dürre Frau zurrte ihr Kapuzenband fester und stemmte sich mit aller Kraft in die Böe. Sie kam kaum voran. Der Boden unter ihren Stiefeln schmatzte vor Nässe. Auch das verhinderte einen schnelleren Gang. Schon seit einer guten Stunde lief sie den Acker auf und ab. Allein. Plötzlich bog ein Laster ohne Licht auf den Sommerweg ein und rollte leise aus. Antje fingerte nach ihrem Handy und flüsterte: „Robert, komm!“ Das Herz der jungen Frau begann zu rasen, und ihr Griff um den Luftgewehrkolben krampfte. Was, wenn die Diebe sich nicht einfach verjagen lassen? Wenn sie bewaffnet wären, würde sie schießen? Auf Menschen (?), hämmerte es ihr in den Schläfen, während sie noch abwartend stand. Robert Schulz hatte wundervolle Gigant’s Dills und Big Rocks auf seinen Äckern inweit von Büssow, der nördlichsten Stadt der Uckermark, angebaut. Die leuchteten schon seit September wunderbar üppig ins Land, und erweckten offenbar kleptomanische Gelüste bei einigen Ausflüglern. Der Bauer sah aus der Ferne seines Hofes so manchen Nobelschlitten an seinem Acker halten, und zapzarap war wieder so ein Dicker weg. Das ärgerte den Mann zwar, doch diese Gelegenheitsräuberei konnte er verschmerzen. Schulze hatte im Frühjahr mehrere Hektar mit Kürbissamen bestückt. Gedacht für den späteren Verkauf und als Spende für das dörfliche Halloween-Fest. Antjes Kürbis-Schnitzkurs rangiert immer herbstwärts in der Beliebtheitsskala der Kids ganz oben. Doch die Vorfreude auf das Gruselfest war angekratzt, denn die Klauerei auf den Feldern hat neue Dimensionen. Im Schutze der Dunkelheit wurde bei Prenzlau ein ganzes Feld abgeräumt. Seither hielten die Schulzes Nachtwache. Der Wind ließ nach. Antje sah im fahlen Mondlicht, wie mehrere Gestalten vom Laster sprangen und eine Menschenkette ins Feld bildeten. Kaum später flogen die Riesenkürbisse von Mann zu Mann in den Lastwagen. Sie hatten es auf die Schnitzkürbisse abgesehen. Nicht nur auf fünf oder zehn – auf alle. Die Frau staunte, wie schnell diese Männer ernteten. Nicht zu vergleichen mit ihren Helfern von der Agentur. Entschlossen stapfte sie nun auf die Szenerie zu und brüllte dabei wütend: „Hey! Ihr da! Was soll das?“ Doch erst ihr Schuss in die Wolken stoppte den lautlosen Koloss -Flug. Eine gegen Sieben – die Kürbisdiebe waren nicht sonderlich verunsichert. Im Gegenteil, einer warf sogar mit einem Big Rock nach ihr und begann zu lästern: „So allein, das ist nicht ungefährlich schöne Bäuerin …“ – da stoppte sein Spruch. Rund um das Feld flackerten augenblicklich unzählige Kürbis-Laternen auf. Große mit grimmigen Fratzen. Die bewegten sich heulend und schreiend auf das Diebesgesindel zu. Erst rückte jenes ein bisschen dichter zusammen, aber dann bekamen die Männer das großen Laufen – wie die Hasen, in alle Himmelsrichtungen. Natürlich durchbrachen die Diebe mit Wucht die Lichterkette und verschwanden unerkannt im Dunkel. Aber Schulzens Ernte war gerettet. Die Erwachsenen waren sehr erleichtert, dass ihr Plan gut ausgegangen war. Und Kinder der Grundschule trugen stolz ihre Grusel-Laternen nach Haus, als wäre die Aktion nur ein Vorspiel für Halloween gewesen.
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