Erlebnis Kloster

Fensterblick.
Fensterblick.

Chorin. In Wirklichkeit ist es an diesem Mittwoch schon nachmittags, doch im Dämmerlicht des Schlafsaals der Mönche simuliert das Dunkel eine frühe Morgenstunde in der klösterlichen Enge. Auf den harten Bettgestellen (die übrigens für den Film „Prinzessin auf der Erbse“ gebaut wurden) liegt für jedes der sechs Kloster-AG-Kinder eine Mönchskutte bereit. Die streifen sie nun über und Monika Stehberger ermutigt sie leise: „Zieht ruhig die Jeans unter der Kutte aus und auch die Socken und Schuhe, so spürt ihr besser, wie sich das Erwachen der Mönche angefühlt haben muss. Der kalte Wind um die nackten Beine, das Kratzen des Stoffes.“ Die Pädagogin erklärt, dass sie jetzt in Franziskanerkutten stecken, sie also heute ein Gastspiel bei den Zisterziensermönchen geben. Monika Stehberger trägt deren grau-schwarzes Gewand. Aber das kennen die Kids schon, sie hängen an ihren Lippen, denn was sie seit Dezember in dieser AG erleben, ist wie ein großes Abenteuer, aus dem sie klüger nach Hause gehen als sie kamen. In kleinen Zeitschauern erfahren die Kinder das Inselleben im Kloster der Zisterzienser.  Zur Aufrechterhaltung des Klosterlebens waren zwölf Mönche und ein Abt notwendig. Dabei erkunden sie die schmalen Gänge und die Vielfalt der Backsteingemäuer. Man muss sich aufeinander verlassen können. Um das zu demonstrieren, spielen die AG-Kinder blinde Mönche, die von einem Sehenden geführt werden. Mit verbundenen Augen tapsen sie dem Führer vertrauensvoll hinterher.

Aus dem Schlafsaal führt ein enger Treppengang ins Freie.
Aus dem Schlafsaal führt ein enger Treppengang ins Freie.

In der Blütezeit des Klosters sollen hier 80 Priestermönche und 100 Laienbrüder gelebt haben. Sie führten ein Gemeinschaftsleben: Sie beteten gemeinsam sieben Stunden am Tag und einmal in der Nacht im Gotteshaus. Man speiste miteinander in Refektorien und schlief in großen Sälen jeweils im Obergeschoss der Flügel. Und natürlich arbeitete man auch gemeinsam, in den Scriptorien (Schreibstuben) oder auf den Feldern.

Im Januar hieß das AG-Thema „Ernährung ohne Konservierungsmöglichkeiten“. Dabei erfuhren die Kinder, dass es in dieser Jahreszeit karg im Kloster zuging. Die Suppe aus Körnern und getrockneten Kräutern, die man in der AG daraus kochte, war wohl gewöhnungsbedürftig, aber eben erfahrungsreich.  Nur darum geht es in diesen Projektspielen, die sich Monika Stehberger für die AG-Kinder ausdenkt.  Inzwischen ist aus dem Angebot an die Britzer Grundschule eine spannende Geschichtserfahrung für Schüler der fünften und sechsten Klassen geworden. Eine Kooperation, die keine Seite mehr missen möchte.

Monika Stehberger wohnt in Stolpe und leitet die AG ehrenamtlich. Man trifft sich zweimal monatlich für anderthalb Stunden auf dem Klostergelände. Seit 2012 ist die Frau immer wieder mal für das Kloster tätig gewesen, wenn eine Kindergruppe das Kloster erleben möchte. Daraus entstand die Idee zur Kloster-AG. Sie verrät: „Durch meine Spezialisierung als Naturpädagogin bin ich eh im 13 Jahrhundert verwurzelt und durch meine Herkunft dem Klosterleben sehr nah.“ Sie weiß also, wovon sie den Kindern berichtet und vermittelt nicht nur angelesenes Wissen. „Als die Mauer fiel, dachte ich, super, bin eh ein Landei und der wilde Osten interessierte mich. Vor 22 Jahren bin ich in diese Region gekommen, habe mich in Land und Landschaft verliebt und bin geblieben.“

Für die Themenwahl orientiert sich Frau Stehberger: „Immer an dem Leben, wie es früher war. Das kann man natürlich nie ganz nachvollziehen, aber etwas daraus spüren, in der Hand haben, um sich vorstellen zu können, wie es damals zuging. Daraus entstehen Fragen und wachsendes Interesse.

Kleine Mönche. Fotos: Lutz Reinhardt
Kleine Mönche.
Fotos: Lutz Reinhardt

Zum Thema „Arbeiten im Kloster“ lernten die AG-Kinder: Körbe flechten, Töpfern, Efeu schneiden im Rahmen der Grundstückspflege. „Es ist jedes Mal anders, manchmal löchern mich die Kinder mit ihren Fragen, ein anderes Mal geht es nur um’s Toben und Spielen. Aber das ist ganz klar, die Kinder kommen aus der Schule, haben den ganzen Tag gesessen und die Energie muss mal irgendwo hin. Darauf muss man einfach flexibel eingehen“, erzählt die einfühlsame Leiterin, die die Kunst beherrscht, in ihre Spiele Wissen einfließen zu lassen. Um die gegebene Situation zu erfassen, beginnen die Klosternachmittage auf der Wiese im Kreis mit einem kleinen Austausch, was war, was ist, wie geht es dir? Erst danach tauchen die Kinder ein in das mittelalterliche Leben im Kloster Chorin. Es ist ein Nachspüren und zugleich ein wunderbares Erlebnis, in dieser beeindruckenden Klosteranlage der kindlichen Neugier nachzugehen. Auch, um die kulturgeschichtliche Schönheit der Backstein-Details zu entdecken. (pe)

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