Steingewordene Herrschaftsgeschichte

Ein Hauch von Frühling über der hochgotischen Klosteranlage: Eine aktuelle Gesamtansicht von Südwesten her. Foto: Lutz Reinhardt
Ein Hauch von Frühling über der hochgotischen Klosteranlage. Foto: Lutz Reinhardt

Mit einem Buch in die Vergangenheit und Gegenwart des  Klosters Chorin einzutauchen und mit ihm in die Zeit der brandenburgischen Markgrafen, das ermöglicht ein gut lesbarer und fein gestalteter Prachtband, der nicht nur regionale Geschichte bereichert. Herausgegeben haben ihn das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und das Archäologische Landesmuseum.

Es gibt viele Möglichkeiten, sich der eindrucksvollen Klosteranlage Chorin zu nähern. Eine davon ist, die Sammlung interdisziplinärer Forschungstexte in die Hand zu nehmen, die sich in dem Prachtband  „Zisterzienserkloster Chorin. Geschichte-Forschung-Denkmalspflege“ versammeln. Auf knapp 230 Seiten taucht der Leser ein in die wandelvolle Geschichte der malerischen Ruine und erfährt die Hintergründe von  Restaurierungskampagnen im 19. Und 20. Jahrhundert. Angeregt vom Brandenburgischen Landesdenkmalamt wurde 1994 eine umfassende Substanzanalyse der Anlage unternommen,  auf der bis heute alle Restaurierungsmaßnahmen basieren. Dieses Buch verknüpft praktische wie theoretische Aspekte dieses vielschichtigen Prozesses und kann als gesichertes Basiswissen für nachfolgende Forschergenerationen verstanden werden.
Natürlich sind ganz klassisch die historischen Fakten in der Niederschrift zu finden: Von der idyllischen Ruine des Klosters Chorin bestehen heute noch Klosterkirche, Ost- und Westflügel der Anlage, Küchengebäude, Brauhaus, Amtshaus und die Reste der Klostermühle. Nach seiner Gründung 1258 wurde das Kloster 1273 vom Mariensee auf dem Parsteinwerder am Parsteinsee an seinen heutigen Platz verlegt. Es wurde als repräsentatives Hauskloster der Markgrafen johanneischer Linie errichtet. Dr. Thomas Drachenberg, Landeskonservator, schreibt: „ Mit der Vollendung von Klausur und Kirche kurz nach 1300 entstand jene elegante Backsteinarchitektur, deren Formsteindekor für die nachfolgenden Bauten der askanischen Markgrafen bindend war und heute als Höhepunkt gotischer Klosterbaukunst in der Mark Brandenburg gilt.“
Mit dem Übertritt des Kurfürsten zum evangelischen Glauben wurde das Kloster 1542 säkularisiert. Grund und Gebäude gingen an den Landesherren über. Er überließ das Anwesen einem Domänenpächter zur landwirtschaftlichen Nutzung. Im 30-jährigen Krieg teilweise zerstört,  wurden bis ins frühe 19. Jahrhundert Teile der Gebäude zur Baumaterialgewinnung abgetragen. Erst mit der „romantischen Entdeckung“ der Klosterruine und dem Engagement von Karl Friedrich Schinkel und Peter Joseph Lenné begannen ab 1810 die ersten Sicherungsmaßnahmen und Restaurationen.

1861 wurde die preußische Forstverwaltung Eigner der Anlage und blieb es bis in die heutige Zeit. Seither gab es in Schüben immer wieder ein großes Engagement, den Restaurierungsstau endlich aufzulösen, doch an diesem Punkt sind wir erst in diesem Jahrzehnt angelangt.

Das Buchcover: Es zitiert die Formsteine, die die Haut des Klosters repräsentieren. Dieses Formsteindekor war für die nachfolgenden Bauten der askanischen Markgrafen bindend.
Das Buchcover: Es zitiert die Formsteine, die die Haut des Klosters repräsentieren. Dieses Formsteindekor war für die nachfolgenden Bauten der askanischen Markgrafen bindend.

18 Autoren haben an dieser Chorin-Publikation mitgewirkt, die in der Wernerschen Verlagsgesellschaft in Worms erschien. Wir erfahren von den Gründen der Verlegung des Klosters, seiner Erwerbs- und Besitzgeschichte und vom klösterlichen Leben. Und natürlich auch von der Wirkung der Anlage nach außen. Beispielsweise die Einflüsse auf die Bildende Kunst, von Verschönerungsplänen des Gartendirektors Lenné für die Ruine. Er folgte dabei einem natürlich-romantischen Landschaftsbild. „Ungeschmälert blieb der Zeugniswert der mittelalterlichen Klosterruine als singulärer Bau, der das zisterziensische Gebot baulicher Zurückhaltung mit dem landesherrlichen Repräsentationsanspruch durch besonders akzentuierte Bauglieder – vor allem bei den Giebelgestaltungen  …. vereint“, schreibt Autor Detlef Karg dazu.
Dieses anspruchsvolle Buch führt den Interessenten durch die Zeiten. Hochwertige Zeichnungen, Pläne, Skizzen und  fotografische Abbildungen geben der Vorstellung weiter Nahrung und Einsichten in einen steingewordenen Schatz mitten in der ländlichen Weite Brandenburgs. Die heutige Klosterchefin  Franziska Siedler blickt in ihren spannenden Beiträgen in Zukunft und Vergangenheit des Klosters. Darüber hinaus stellt sie den wenig erforschten Choriner Kreis vor, einen Künstlerkreis, dem auch die Brüder Taut angehörten. Diese Publikation ist ein geborgener Wissensschatz für alle, die sich für Märkische Geschichte interessieren.
Petra Elsner

Den 45 Euro teuren, 228 Seiten starken Band „Zisterzienserkloster Chorin. Geschichte – Forschung – Denkmalpflege“ mit 242 teils farbigen und großformatigen Abbildungen hat das Brandenburgische Amt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum in der Reihe „Forschungen und Beiträge zur Denkmalpflege im Land Brandenburg“ als Band 15 herausgegeben. Bezogen kann er über die Internetseite der Wernerschen Verlagsgesellschaft werden: www.wernersche.com

 

 

 

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2 Gedanken zu „Steingewordene Herrschaftsgeschichte“

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