Advent auf dem Hof. Ich freu‘ mich. Es ist angerichtet – fast. Nachbar Jürgen hat uns eben noch knochentrockenes Holz spendiert, bei dem tropfenden Hochnebel wird das hilfreich sein, ein helles Feuer zu entfachen. Um 14 Uhr schließen wird das Tor auf. Wie es war, erzähle ich morgen, jetzt gibt es nur ein paar passende Impressionen zu den Adventslichtern in den Fenstern. Genießt diese Zeit!
Von den Sternen weht ein Zauber
den Advent vor Hof und Tür.
Leise – nur als ein Gespür.
Nähr‘ es mit Düften, Licht und Liedern,
dann singt die Zeit von Ankunft und Geburt.
Advent:
Was war das für eine dicke Woche! Während wir wieder im Erzgebirge waren kam das Glasdach. Vor- und nachher hieß es: Baustellenbereinigung. Schnauf. Zeitgleich begann das Schmücken für die Adventszeit, gestern Abend stand und hing alles, gespeist aus Erzgebirgischen und Böhmischen Vorlieben und Vorleben. Der Bergmann stammt beispielsweise vom Urgroßvater des Imkergatten, die Schwibbögen sind Laubsägearbeiten seines Vaters, die weißen Hänger am Adventsstrauß feine Klöppelarbeit seiner Mutter, das Plätzchenrezept stammt von meiner Böhmischen Sippe… so versammeln sich im Dezember die Geschicklichkeiten und familiären Festtraditionen, die zugleich jener erinnern, die uns nahe sind oder waren. Das bedeutet mir inzwischen viel und hilft mir, nicht im allgemeinen Kaufrausch zu versinken. Jedes Jahr eine neue Weihnachtsdeko? Was für ein Wahnsinn und wie bedeutungsleer.
Habt alle miteinander eine wunderfeine Adventszeit und macht Euch glücklich!
Und wer noch ein passendes Adventsgeschichte sucht, der klicke einfach auf diesen Link.
Weil man vorzeiten den Weihnachtsstollen erst zu den Weihnachtsfeiertagen anschneiden durfte, gab es beim Stollenbacken ein leckeres Nebenprodukt, das schon in der Adventszeit warm auf die Kuchenteller kam: Der Stollenkuchen gebacken auf einem Blech.
Zutaten
700 g
Mehl
250 ml
Milch
2 Würfel
frische Hefe – gesamt 80 g
180 g
Zucker
250 g
Butter
1 TL
Salz
100 g
Orangeat
100 g
Zitronat
250 g
gekochte, geriebene Kartoffeln
Zitronenabrieb von einer ganzen Zitrone
200 g
Rosinen – 4 Tage in Rum eingelegt
200 g
frisch gehackte Mandeln
10 Tropfen Bittermandel-Aroma
Butter zum Bestreichen und Zucker
Die Zubereitung
Die Milch leicht erwärmen und die Hefe hineinbröckeln, etwas Zucker zugeben und die Hefe auflösen.
Das Mehl in eine große Schüssel geben und eine große Mulde hineindrücken, den restlichen Zucker und die Hefemilch hineingießen, mit etwas Mehl breiig verrühren und diesen Vorteig etwa 15 min gehen lassen.
Nun das gesamte Mehl, Zucker, Vanillezucker, abgeriebene Zitronenschale, Salz, das weiche (nicht zerlassenen) Butterschmalz oder Butter und so viel lauwarmer Milch verkneten. dass ein geschmeidiger, nicht klebender Teig entsteht. Den Teig solange kneten, bis er sich vom Schüsselrand löst.
Dann erst Mandeln. Zitronat usw. sowie die gekochten und geriebenen Kartoffeln unter den Teig kneten bis alle Zutaten gleichmäßig verteilt sind.
Den Teig etwa 2 Stunden gehen lassen.
Nochmals durchkneten, auf knapp einen Zentimeter dicke ausrollen und auf ein Kuchenblech legen. Den Teil diagonal mit einem Teigroller einritzen, vor dem Backen mit zerlassener Butter bestreichen und zuckern. Dann bei 180 g backen (Ofen nicht vorheizen) ca. 20 Minuten backen.
Die Masse ergibt entweder zwei runde Kuchen oder anderthalb Bleche. Kartoffelkuchen lauwarm servieren. In einer Blechdose hält er sich etwa eine Woche. Was nicht gebraucht wird, lagenweise einfrieren und vor dem Servieren wieder erwärmen.
Wenn Ihr wüsstet, wie es in meiner Küche duftet, Ihr würdet alle kommen – garantiert. Es ist für mich DER vorweihnachtliche Duft schlechthin. Meine super-moderne Mama war in der Adventszeit immer besonders arg beschäftigt und lag zu den Adventssonntagen lange fix und fertig in den Federn, denn sie saß nachts auf dem Radiosender und lieferte mit anderen zusammen die damals allseits beliebten Solidaritätskonzerte des Rundfunks der DDR. Wenn sie am 1. Advent irgendwann nachmittags erwachte, ging es zügig los, damit wir wenigstens zum Abendbrot etwas naschen konnten. Drei Mehlweibchen luden dann mit breitem Grinsen den verzückten Vater zur Verkostung. Dabei ging es nie um Schönheit, sondern ausschließlich um die Verführung der Zunge. Das ist immer noch so, nur bin ich bei der Verwandlung zum Mehlweibchen fast immer allein. Wen das Rezept interessiert Ihr findet es hier: Denn wem soll ich es sonst weitergeben? Mein Sohn ist nicht so der Bäcker geworden und eine Liebe pflegt er gerade nicht.
Es ist wie mit vielen Dingen, die im Augenblick für die Nachgeborenen nicht mehr wichtig scheinen: Bücher, Bilder, Klassische Musik, Schauspiel sind außen vor, es dominiert das Spiel mit dem Smartphone … Der berühmte Dirigent Kent Nagano spricht von „einer Krise der humanistischen Werte“. Es gilt Berührungen zu schaffen… Habt einen schönen 1. Advent!
Die Zeit hat es wieder eilig. Obgleich ich versuche gegenzusteuern, nimmt sie sich einfach die Tage, Wochen, Monate und verschluckt am Ende das Jahr. Gierig wie ein Kater im Winterfuttermodus. Indem werden die Wahrnehmungen flüchtig und das Jetzt verliert seine klare Gestalt. Aber eine gute Sehschärfte ist genau das, was wir alle brauchen, um die Globusprobleme anzupacken. Klarsicht eben und kein verklärter Rosarot-Brillen-Blick und auch kein nur dunkel-schwarzer… Ich wünschte mir, dass in Deutschland wieder mutig und mit Augenmaß regiert und gelebt wird und hoffe, das ist kein frommer Wunsch.
Aber heute, heute knipse ich erst einmal meine ganz individuelle Adventszeit an und Euch allen wünsche ich: Sinnreiche Wahrnehmungen!
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