Der Grausammler (2)

Eine neue Kurzgeschichte entsteht, hier der 2. Absatz:
Hubert Gram ritzte mit seinem Skalpell noch eine winzige dünne Farbschicht aus der Torecke. Ah, da kam es zum Vorschein dieses Mausegrau oder war es Rauchschiefer? Währenddessen brüllte jemand übel laut über den Hof: „Was machst du da? Finger weg von der Fassade, Alter!“ Der Brüller kam dazu flinken Schritts auf ihn zu gelaufen. Hubert Gram griff sich sein Fahrrad und verschwand so schnell er konnte von diesem kleinen Tatort im fünften Hinterhof. Ein paar Ecken weiter war er entkommen und versteckte sich leicht außer Atem im Café Cinema hinter einem großen Pott heißer Schokolade. Ein Filmscheinwerfer wärmte ihm dazu herrlich den steifen Rücken. In diesem langen Schlauchcafé tauchte der Grausammler gerne zum Sinnieren ab. Die verblichenen Kinoplakate an den Wänden führten ihn, während er sie mit den Augen berührte, in das Reich seiner grauen Träume, in sein Schattenreich. Aber die Schatten seines Wissens aus der Grauzeit waren nicht komplex, nur bruchstückhaft, denn niemand kann allein die Welt und ihre Geschichte erklären. Dafür braucht es immer noch einen zweiten, dritten, eine große forschende Mannschaft mit Innen- und Außendraufsichten und dem Wissen, dass die eigene Überzeugung nicht der Wahrheit allerletzter Schluss ist. Und da sich jeder Einzelne im Älterwerden, fortwährend wandelt, die Ansichten, die Erkenntnisse, selbst die Gefühle, kam der Schattenphilosoph nie zu gültigen, verlässlichen Schlüssen. Er blieb ein Suchender in der Zeit. Aschgrau, betongrau, silbergrau, taubengrau, zementgrau – wie schön dachte der zauselige Grausammler. Er brauchte einfach diese Töne, um schön traurig zu sein …

© Petra Elsner
17. August 2019

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Berlins alte Haut: Zosch … Hackisches Hoftheater

Buchcover Foto: Petra Elsner
Buchcover
Foto: Petra Elsner

… meine Güte, frau wird fast wehmütig, ich muss die alten Fotokisten wieder schließen. Wer meint, er müsse mal das Berlin der Zwischenzeit betrachten, kann ja kommen, und in meinen Kisten wühlen … :). Im Sommer 1993 enden meine Fotorecherchen. An einem späten Herbsttag war ich im CC an der Rosenthaler Straße mit einem mir fremden Rucksacktouristen verabredet. Der brachte mir 25 druckfrische  Belegexemplare vom Defini Verlag aus Athen mit. Mein erstes Buch – in griechischer Sprache, ich kam mir vor wie eine Hochstaplerin, denn ich hatte zwar ein Buch geschrieben, aber keiner konnte es hier lesen… Übersetzt und in Wege geleitet wurde es übrigens von der Fotografin und Dolmetscherin Katerina Mavrokefalidion, die übrigens sehr besondere Fotos aus dem Westberlin der 60er Jahre geschossen hat …

Hier noch ein paar Bilderblicke zum Abschied, morgen gehts zurück ins Jetzt:

Zosch 1993 Foto: Petra Elsner
Zosch 1993
Foto: Petra Elsner

Das Zosch als Musikkneipe gibt es in der Tucholskystraße 30 noch. Damals hatte es auch eine Lesebühne im Keller.

Lesebühne im Zosch 1993. Foto: Petra Elsner
Lesebühne im Zosch 1993.
Foto: Petra Elsner

 

Neue Synagoge an der Oranienburger Straße. Foto: Petra Elsner
Neue Synagoge an der Oranienburger Straße.
Foto: Petra Elsner

Ein verwunschener Blick auf die Kuppel der Neuen Synagoge an der Oranienburger.

DasHackische Hoftheather in den 90er Jahren. Foto: Petra Elsner
DasHackische Hoftheather in den 90er Jahren.
Foto: Petra Elsner

Das Hackische Hoftheater in den Hackisches Höfen war Berlins Adresse für gestisch-mimisches Theater und jiddische Kultur. Das Theater wurde Anfang Januar 2006 geschlossen.

Und die Zwei: Claudia Koch und Hardy Reich (von Aufwind) spielten hier in „Max & Moritz…“

Koch und Reich als Max & Moritz. Zeichnung: Petra Elsner
Koch und Reich als Max & Moritz.
Zeichnung: Petra Elsner

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