Gemeinsam waren wir gestern und heute zur Elternzeit im Erzgebirge. Vaters 96. Geburtstag war nachzufeiern. Er ist sehr schwach geworden und ringt nach Luft. Ein wenig war zu besorgen, ein bisschen reden. Abends sind wir zum Sonnenuntergang auf die Höhe zu den Mondputzern von Zschorlau gefahren. Die Seele mit schönen Blicken füttern, Kraft tanken. Heute Mittag ging es zurück. Die Fahrerei war eigentlich entspannt, bis wir am Schönefelder Kreuz in einen dicken Stau gerieten… es reichte uns, als wir am frühen Abend auf dem Hof eintrafen. Das Wochenende machen wir langsam…
Rund 800 Kilometer liegen als „Testfahrt“ hinter dem Himmelblauen. Er hat uns gut zu den Eltern im Erzgebirge gebracht. Die Mutter feierte ihren 93. in kleiner Runde am Pflegebett. Wir hatten zuvor die keinen Gänge, die die Beiden nicht mehr selbst verrichten können, für sie getätigt. Das alles macht nachdenklich, wie das mit der Souveränität im Alter so ist. Aber ich denke, viele meiner Generation werden nicht so alt. Unser Leben war/ist dichter und arbeitsintensiver. Wir haben uns einfach mehr verbraucht… Seit die elterliche Wohnung nicht mehr existiert, steigen wir für eine Übernachtung in Pensionen ab. Diesmal waren wir im Berggasthof Fürstenberg in Waschleithe, einem Ortsteil von Grünhein-Beiersfeld im Tal des Oswaldbaches. Diese Kurzverweil hat für uns immer auch etwas von kleiner Erlebniszeit. Da war zwar keine Gelegenheit für die vielen geschichtsträchtigen Sehenswürdigkeiten des Dorfes, aber allein das Atmen der Bergluft, das Schauen der dunklen Wälder, der grünen Bergrücken mit seinen Ortschaften an den Hängen, die Serpentinenfahrten, das Essen in die Köhlerhütte… waren einfach schön. Es geht ja eigentlich immer nur um ein Nachtquartier… diesmal eben auf der Höhe. Wir sind wohlbehalten zurück. Foto: Lutz Reinhardt
Nachdem wir Freitag und Samstag auf beunruhigend leeren Autobahnen rumgekutscht sind und ich dabei null Fahrangst verspürte, war mir resümierend plötzlich klar: Es ist nicht die Geschwindigkeit, die bei mir Übelkeit und ein Angstkrampfen auslöst, es ist die Enge und Dichte des Verkehrs und die riskante Fahrweise vieler LKW-Fahrer. Wie von Zauberhand waren sie entschwunden – in die Ferien oder wegen der Hitzewarnungen gar nicht erst aufgebrochen. Wir konnten nicht wählen, wir waren zum den 95. Geburtstagsfest des Vaters eingeladen. Und so düsten wir erst besorgt, dann aber echt entspannt ins Erzgebirge und alles war gut. Aber ehrlich: 37 Grad auf der Heimfahrt, als wir einstiegen, schien das Auto zu kochen und die Wasserflaschen auch. Trotzdem waren wir fröhlich unterwegs und der Liebste schien es sichtlich zu genießen, dass ich nicht allenthalben vor Angst quiekte… 😊 Heute alles ruhig, den Garten wässern, weiter nix… Sonntag eben.
Beim Dreieck Nossen preschte eine mächtige Lkw-Walze auf die Autobahn: Zweispurig 15…20 Kraftpakete dicht beieinander im Schneetreiben. Die Pkws auf der linken, nicht beräumten Spur versanken im aufgespritzten Schneedreck. Kaum sichtbar, minutenlang. Die fetten Laster irritierten mit Warnlichtern bei voller Fahrt, herrje, das sind so die Szenen, bei denen ich mich nur noch wegwünsche und am liebsten nie wieder ein Auto besteigen möchte. Es ist immer irgendetwas derart auf unseren Touren ins Erzgebirge… Hinter Chemnitz klarte das Wetter auf und das Erzgebirgen hatte sich wunderfein als Weihnachtsland präpariert. Der Tag schlich sich in eine erste, klirre-kalte Frostnacht mit – 12,5 Grad. Bei früheren Besuchen im Advent haben wir stehts eine Abendfahrt durchs Gebirge mit den Eltern unternommen und uns an den leuchtenden Ortschaften auf den Bergrücken erfreut. Es gibt einfach keine Region in Deutschland, die diese Zeit so stilsicher zelebriert. Warmweißes Licht allendhalben, keine rummelartigen Lichtorgeln… Das sind sinnliche Anblicke, die man mit sich trägt. Wir hatten ein paar leise Stunden mit den Eltern, die inzwischen schwer an ihrem Alter tragen. Da fährt man nachts nicht mehr los, um Lichter zu schauen, sondern bleibt dicht beieinander. Nach diesen zwei Tagen haben wir uns heute einen Trödeltag verordnet. Einfach mal ausruhen…
Das lange Reisewochenende liegt hinter uns. Es war ein Mix aus Elternzeit im Erzgebirge und einer Hochzeitsnachfeier in Thüringen. Es galt, die Familienbande des Imkergatten zu nähren. Wenn die Alten nicht mehr zu Familienfesten kommen können, finden sie einfach nicht mehr statt. Und so waren die Begegnungen ein Schwanken zwischen Traurigkeit und Feierlaune. Das ist herausfordernd. Heute waren die Alltäglichkeiten wieder aufzunehmen. In der Post fand ich eine Büchersendung aus Hameln. Ich hatte mich dort, wie viele andere auch, an einem Kinderbuchwettbewerb beteiligt und musste nun feststellen: In diesen rückgeführten Büchern hat keiner gelesen. Das Geräusch, das entsteht, wenn man von einem neuen Hardcover-Buch die erste Seite aufschlägt, ist unverkennbar. Die sechs Exemplare für die Jury haben es immer noch in sich… Sehr schade, aber ich lasse mal die Deutungen. Morgen fertige ich Künstler-Bücher für „Solidario“ in Groß Schönebeck. Die Bestände meiner Kurtschlager Edition sind in dem Fair-Trade-Lädchen geschrumpft und sollten für den Weihnachtsverkauf aufgefüllt werden. Es gibt also gut zu tun, bevor wir beginnen, das Kunst- und Honighäuschen auf die offenen Tage am Monatsende vorzubereiten…
Alle Wetter hatten wir auf der Reise ins Erzgebirge und zurück: Auf den Höhen Schnee, Graupel… und in den Tälern Regen und jede Menge Wind. Es war eine anstrengende Elternzeit und wieder bekam meine Erkenntnis neue Nahrung: Heutzutage werden die Menschen viel zu früh und in einem schwachen Zustand aus den Krankenhäusern entlassen. Am dritten Tag nach seiner Heimkehr ging es dem Vater endlich etwas besser. Für meinen Geschmack hätte ich ihn erst so nach Hause geschickt. Von der unvollendeten OP, weil die Medizintechnik kaputtging, will ich gar nicht erst reden. In drei/vier Wochen liegt der 93-Jährige deshalb noch einmal auf der OP-Tisch… Herrje! Wir sind in Sorge, sehr. Zuhause eingetroffen, habe ich eine Mahnung von der jpc-Schallplatten-Versandhandelsgesellschaft Georgsmarienhütte vorgefunden. Ihr werdet es nicht glauben: Für die Wenzel-Schallplatte, von der ich seit Wochen nicht weiß, woher bzw. von wem sie kam. Das aber schlägt dem Fass den Boden aus. Jemand hat da seinen Schabernack mit mir getrieben und ich soll dafür bezahlen, zzgl., Mahngebühren. Dit is frech! Ich habe dem Geschäftsführer eben geschrieben, mal sehen wie das ausgeht. Die Platte ist ja unberührt und ich kann sie jederzeit zurücksenden. Morgen jedoch brauchen wir erst einmal eine RUHEPAUSE.
Zwei Tage Elternzeit im Erzgebirge, den 90. Geburtstag der Schwiegermutter begleitend, erlebten wir eine stille gemeinsame Zeit. Auf der Rücktour schossen heftige Gewitterfronten mit Starkregen über die Bergrücken. Donnerwetter wie für ein Operndrama gemacht, meins ist das nicht und so kam ich mit einigermaßen lädierten Nerven gestern wieder in der Schorfheide an. Heute werde ich mich auf die „Telefonzellen“-Lesung vorbereiten, wie vielerorts wird in Tornow eine umgestaltete Telefonzelle zu einer Dorfbücherei am Samstag um 15 Uhr feierlich eingeweiht. Möge der Himmel an diesem Tage halten…
Gleich nach dem dörflichen Herbstfeuer am Sonnabend haben wir unsere sieben Sachen gepackt und sind voller Sorge zu den Eltern ins Erzgebirge aufgebrochen. Fünfeinhalb Stunden stockender Sonntagsverkehr. Nun pendeln wir zwischen Krankenhaus und Pflegeheim. Deshalb herrscht im Blog Schorfheidewald einige Tage Stille. Das Leben diktiert einstweilen die nächsten Schritte. Den Zeichenblock habe ich dabei, vielleicht komme ich in den Abendstunden zu den noch ausstehenden Illustrationen. Habt alle miteinander eine gute Zeit, Eure Petra
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