Fünf Grad miese, scharfer Wind, ich friere. Letzte Woche hatte ich im Odenwald den Frühling gesehen. Für einen Tag wie ein Traum. Es war der 5. März und wir waren mit alten Freunden touristisch unterwegs, wobei ich staunte, wie schön die Landschaft um Mannheim und Heidelberg ist. Wir spielten bis in die Nacht Doppelkopf und ich hatte dabei eine stille Vorfreude auf jene Zeit, wenn wir alle im Ruhestand sein würden, denn der Plan war immer – sie kehren dann zurück. Schlussendlich aber erklärten sie uns in jener Nacht, sie würden nicht mehr zurückkommen in die Schorfheide, auch nicht im Alter. Nach zehn Jahren Leben in der Westhälfte Deutschlands, wären sie inzwischen so verwurzelt und mit beruflichen Anschlüssen ausstaffiert, nicht mehr aufholbar, müssten sie noch einmal von vorne beginnen. Künstler sind ja nie wirklich im Ruhestand, nicht nur wegen der dünnen Rente… Das einzige was ihnen echt fehlen würde, wären die Ossis, die unverfänglichen Gespräche, das ungeschützte Offene, die gemeinsamen Erfahrungen. Immer wieder Abschied nehmen und Menschen verlieren.
Ja, ich verstehe gut, dass man/frau nach Wohlergehen strebt und nicht jeder erträgt, dass er 28 Jahre nach der Deutschen Einheit immer noch um so viel weniger wertschöpft als anderswo. Die freien (nicht staatlich subventionierten) Kulturschaffenden reden selten über ihr Dilemma, aber sie sind wohl jene, die man hierzulande am meisten ausnimmt. Ohne Anstand und Respekt, als wären künstlerische Ideen nur gut als Petersilie auf einem Festtagsbraten. HerzensBildung, Verantwortung, faire Honorierung – Fremdworte im öffentlichen Leben. Und so gehen sie weiter aus dem Osten weg. Ich verstehe meine Freunde gut, denn natürlich kommt zuerst das Fressen, aber um mal Doppelkopf zu spielen, gepaart mit einem interessanten Gedankenaustausch, muss ich inzwischen schon sehr weit fahren…
PS: Mit der öffentliche Schreibarbeit zur Kriminalgeschichte „Milchmond“ geht es nächste Woche weiter…
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