Die Ausstellung „Jagd und Macht“ in der Groß Schönebecker Museumsscheune:
In der Schorfheide sind Jagd und Macht seit tausend Jahren verwoben. Auch das Jagdschloss des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm zeugt davon. Seit 2009 erklärt im Schloss der erste Teil der Ausstellung die Ära Preußischer Könige und Deutscher Kaiser. Nebenan in der Museumscheune finden sich Zeugnisse, die bis in die jüngste Vergangenheit führen.
Sie ist deutschlandweit einmalig, die Ausstellung „Jagd und Macht“ in der Museumsscheune von Groß Schönebeck. Thematisch berührt sie die Umbruchzeit von der Weimarer Republik zur NS-Diktatur bis in die jüngere Wendezeit unter dem Aspekt „Jagd und Macht in der Schorfheide“. Das von den Berliner Ausstellungsarchitekten Frey-Aichele-Team entworfene Konzept setzt auf Schautafeln und Videoprojektionen. Es wirft einen konzentrierten Blick auf die Zeiten, in denen in der Schorfheide Preußische Könige und Deutsche Kaiser, Nazigrößen und SED-Funktionäre ihrer Jagdleidenschaft frönten. Das spannende an dieser Präsentation ist der gewählte Grundton, der sensible Umgang mit dem Material, das in das Geheimnis der Schorfheide einweiht. Und wenn der Leiter des Schorfheidemuseums Helmut Suter dazu erzählt, schlägt sich vor dem geistigen Auge der Zuhörer ein verständliches Bilderbuch auf:
„In der großen Heide wird deutlich, dass sich hier über 500 Jahre nicht nur Jagdgeschichte abgespielt hat, sondern auch politische Geschichte. In der jüngeren Zeit hat in ihr Kaiser Wilhelm I. gejagt. Auf Hubertusstock logierte Friedrich Wilhelm IV.. Der war noch Romantiker mit Freude an der Natur. Es gibt da diese schöne Geschichte: ‚Der Kutscher fuhr vor, Majestät stieg ein. Der Kutscher bemerkte, Majestät ist eingeschlafen. Da fuhr der Kutsche noch eine Runden und noch eine. Am Ende des Tages schrieb Friedrich Wilhelm IV. an seine Frau: Es ist ein wunderschöner Tag gewesen. Waren draußen zur Jagd. Viel gesehen, nichts geschossen, aber gut geschlafen‘. Er war die Ausnahme. Bei Wilhelm I. ging es wirklich um die Jagd, um Eingrenzung der Schorfheide und um erlegte Stückzahlen. Otto Braun, preußischer Ministerpräsident, passionierter Jäger suchte die Ruhe in der Schorfheide. Aber er nutzte auch die Gespräche auf kurzem Wege. Hindenburg, Reichspräsident, musste sich immer beim Ministerpräsidenten anmelden, wenn er im Land Preußen zur Jagd gehen wollte. Die Schorfheide war nicht Reichbesitz, sondern Preußischer Staatsforstbesitz. Braun gab Hindenburg zwei Reviere frei, so brauchte er nicht mehr vorsprechen. Damit setzte sich fort, was der Kaiser begann: Wenn politische Gespräche schwierig waren, lud man erst einmal zur Jagd ein und später beim Schüsseltreiben sprach man über Politik. Ab 1933 entartete das alles mit dem Auftauchen von Göring als Preußischer Ministerpräsident. Ein fanatischer Jäger, der mit seinem Carinhall versuchte, auch Politik zu machen.“
In dem Ausstellungsbereich zu Carinhall erkennt man die gewaltige Dimension des Baues. Helmut Suter verweist weiter: „Das eigentliche ursprüngliche Carinhall war ein Blockhaus. Für einen Preußischen Ministerpräsidenten – warum nicht, angemessen. Aber hier sehen wir den Ausbauzustand aus dem Jahre 1942. Göring ließ sich 1000 Hektar vom Preußischen Staat auf Lebenszeit schenken. Machtmissbrauch im höchsten Grade. Die Pläne zum weiteren Ausbau bis 1953 sind ihm am 12. Januar 1945 übergeben worden. Daran erkennt man den Größenwahn im Waldesrausch: Wir schaffen alles. Das überstehen wir! Was ist schon der Krieg? Zur gleichen Zeit liefen die Konzentrationslager auf vollen Touren, an den Fronten wurde verloren und gestorben, in den deutschen Städten starben Zehntausende. Göring hat immer aus dem Vollem geschöpft und so entstand der Mythos Carinhall. Sehen Sie diese Marmorsäule? Das lässt erkennen, der Ort hatte schlossähnlichen Charakter. Erbaut als Hamburg und Berlin schon in Schutt und Asche lagen. Diese Widersprüchlichkeit zieht sich durch die ganze Herrschaftsgeschichte. Vom Kaiser bis zu Honecker, sie erkannten nicht, wenn etwas verloren war. Honecker ging noch vom 4. Oktober bis 8. November 1989 zur Jagd. Neun Tage, an denen er 36 Stücken Wild schoss! Man muss sich überlegen, was damals war: Die Unruhen im Sommer, die Botschaft in Prag füllte sich. Alles drängte nach Veränderung und Honecker geht zur Jagd und wollte die Realität nicht mehr sehen. Ein Fall für die Psychologen.“
Mit dem Niedergang der DDR wurde zugleich auch das Ende der großen Staatsjagten eingeleitet und damit endet die Schau in der Museumsscheune. Man könnte dem Leiter des Schorfheidemuseums stundenlang so weiter zuhören, denn er schafft episodenreich Zugänge zu hochbrisanten Themen. Damit der Einstieg in diese moderne Ausstellung zukünftig den Besuchern etwas leichter gemacht wird, wird es in Bälde in der benachbarten Remise auf drei Leinwänden drei erhellende Filmszenen zu sehen geben, die in das Thema Jagd und Macht und in auch die Landschaft der Schorfheide einführen.
Petra Elsner
Jagdschloss Groß Schönbeck
Schloßstraße 6
16244 Schorfheide
Tel.: 033393 65272
jagdschloss@gemeinde-schorfheide.de
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