Klausurwoche 3

Die dritte Woche ist ins Land gegangen, ich bin auf Seite 20 angelangt. Gestern habe ich das Konzept zu „Morgenstill“ erweitert. Als mir meine Freundin Ines, nach dem Korrekturlesen der zweiten Wochenarbeit schrieb: „Ich gebe zu: ich hab mir beim Lesen ein Glas Sekt eingeschenkt, um meine Stimmung nicht allzu trübe werden zu lassen…“
Hm, das war dafür der Stein des Anstoßes, denn selbst wenn die Niederschrift vom Älterwerden sehr beladen daherkommt, soll sie einen doch nicht in die Tiefe reißen. Nur kann ich es nicht leichter machen als es ist, aber ich kann etwas Aufbauendes dazusetzen. Lyrik und ein Altersmärchen zum Beispiel wie das „Das versteckte Dorf“. Ich hoffe, so wird es verdaulicher, denn Ines schrieb ja auch: „Deine Geschichte geht mir sehr nahe. Schreib weiter. Das ist toll was du machst. Deine Aufzeichnungen stimmen nachdenklich, entsetzt, traurig, lassen einen zur Flasche greifen – aber vor allem ‚fordern‘ sie auf, über sich selbst nachzudenken, sich selbst ehrlicher zu reflektieren, abzuwägen zwischen der eigenen Geschichte und deren Tragik und den (Lebens)Geschichte all der Anderen, die einem lieb und ans Herz gewachsen sind. Empathie ist das Zauberwort. Ein Begriff, der langsam ausstirbt. Ich bewundere Dich für die Gabe, dass du Deine Geschichte zu Papier bringen kannst…“
Sie macht das auch gut, die Ines: Ein Wink mit der Zaunlatte und aufbauende Ermutigung hinterher. Ich mach dann mal weiter…😊

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Klausurwoche 2

Das Schreiben an „Morgenstill“ entfaltet sich langsam, aber seid vorgewarnt, es ist keine leichte Kost. Das Alter eben. Der Imkergatte hat die ersten sechs Seiten gesichtet und nickte zustimmend. Er weiß, was für ein wilder Ritt das für mich ist. Inzwischen habe ich 12 Manuskriptseiten und ein neues Initial. Das erste hat zu sehr den Initialzeichnungen zum Klausur-Thema 2023 geähnelt. Es brauchte etwas anderes. Aber Sonntag und heute am Montag war mir nach leichter Kost und so entstand ein kleines Märchen, dass ich Euch in den Tag lege… Machts gut alle miteinander. Bis zum Lebenszeichen in der nächsten Woche…😊

Die Blättertrolle

Im Efeu wisperte es als sie vor die Tür trat und schimpfte: „Schon wieder Blätterwetter!“ Ihr Häuschen stand im harten Westwind. Der wehte, gleich welche Jahreszeit, welkes Laub aus der Landschaft über das Hoftor. Alle zwei Tage sah es deshalb so aus, als wäre der Hof ewig nicht gefegt worden. Den Herrn Regen störte das nicht weiter, aber Frau Sonne hatte es gerne ordentlich. Also schlurfte sie zur Besenecke, kehrte einen Eimer voll Kräusellaub zusammen und brachte es auf den Kompost im Garten. Das war der Moment, in dem Frau Sonne zufrieden zurück ins Haus ging. Aber draußen vor der Tür wehte der Wind weiter und es dauerte keine Handvoll Minuten, da sah es aus wie zuvor. Doch das lag nicht allein am Wind.
„Roll, roll, Blättertroll!“ juchzte es aus dem Wurzelgeflecht. Es waren Blättertrolle, die dort in der Dämmerung auftauchten. Sie kletterten hinauf zur Efeukrone, um sich ein schönes Blattsegel zu pflücken. Dann schwebte einer nach dem anderen zu Boden und rollte dort mit drei, vier Purzelbäumen die Landung sacht ab. Was für ein schönes Spiel! Aber plötzlich schauerte es mächtige Graupelkörner. Die trafen das Flugblatt des letzten Blattseglers, der nun jäh zu Boden stürzte. Er fiel genau vor Frau Sonnes Füße, die gerade nach dem heftigen Wetter sah. „Wer bist du denn?“ Der kleine Kerl knöpfte sich das zerfledderte Blatt von den Hosenträgern und stammelte: „Ich bin ein zugezogener Blatttroll. Wir wohnen jetzt in deiner Hecke.“ „Schön, schön, dass ihr da seid“, meinte Frau Sonne. „Das Segeln bereitet bestimmt viel Freude, und dem Efeu macht euer Gezupfe auch nichts weiter aus. Aber ihr seid hier auf dem Dorfe, da räumt man seine Hinterlassenschaften gefälligst selbst weg, sonst werden wir keine Freunde!“ Der Troll schlug beschämt die Augenlider nieder, doch seine Winzigkeit berührte das Herz von Frau Sonne. „Schon gut, schau, dort steht der Blättereimer,“ murmelte sie wohlwollend. Da griff sich der kleine Troll sein kaputtes Segel, steckte es in den Blättereimer und alles war gut.
Text & Zeichnung: Petra Elsner

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