Morgenstunde (361. Blog-Notat)

Mir fehlen drei Tage Zeit. Sie dämmerte nur auf dem weißen Krankenhauslaken. Keine Nachrichten (ich habe das neue/alte iPhone noch nicht erkundet…), der Spiegel schrieb auch nur, was ich schon wusste (außer im Kulturteil). Ein Kilo leichter und schwächer bin ich gestern Zuhause angekommen und merkte, viel habe ich nicht verpasst. Außer, dass Finanzminister Olaf Scholz beeindruckt von den Ostdeutschen sei. „Mein Respekt gegenüber der Leistung der Ostdeutschen ist riesengroß, denn sie mussten sich damals innerhalb kürzester Zeit an völlig neue Gegebenheiten anpassen“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. „Einen derart massiven Umbruch zu bewältigen, ist eine enorme Lebensleistung, die noch zu oft nicht ausreichend gewürdigt wird.“ Da hat er wohl recht. Und weiter: Das Ausmaß, mit dem seinerzeit Arbeitsplätze verloren gegangen seien, könne man sich heute kaum noch vorstellen. „Und die Tatsache, dass 30 Jahre danach Löhne und Einkommen im Osten nach wie vor niedriger sind als im Westen, zeigt ja, dass der Aufholprozess der ostdeutschen Wirtschaft noch immer nicht beendet ist.“ Wissen wir auch und auch um die Ursachen, wird aber wirklich nicht so oft betont, um es ins Allgemeinwissen aller Deutschen zu pflanzen, deshalb ist die Ministeraussage wichtig. Danke, Herr Scholz! Aber Corona ist immer noch lauter und Lautsein ein Grundton an vielen Tischen. Wann begann das nur, dass die jüngeren Generationen plötzlich nicht mehr etwas besprechen, miteinander diskutieren, debattieren konnten? Heute reden sich viele einfach nur in Rage und taumeln im Brüllton von Mamas Mittagstisch an die Decke als säße nicht Mama oder Oma gegenüber, sondern der Feind. Wohlbemerkt, ich meine nicht den Familienzwist, sondern den Meinungsaustausch über das aktuelle Geschehen. Wo begann das, es war schon vor den Hygienedemos in der Zeit. Ehrlich, mit solch lauten Saven kann ich einfach nichts anfangen, sie schlagen mir nur auf den Magen und ich mag dann nicht ruhig das Thema nachdenklich in der Runde sezieren. Manchmal frage ich mich, ob es nicht auch daran liegt, dass die ostdeutschen Eltern der heute Erwachsenen nach der Wende so abgebürstet und stimmlos wurden, dass die Jungen sich heute anderweitig Gehör verschaffen, aber vielleicht ist das ja ein deutschlandweites Phänomen (?)…

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