Morgenstunde (431. Blog-Notat)

Wenn nahe Menschen auf die Zielgerade des Lebens gehen, rückt normalerweise die Familie zusammen. Man begleitet den Sterbenden und zugleich beginnt hier schon die Trauerarbeit, das Abschiednehmen der Zurückbleibenden. In der Corona-Zeit wird das den Betroffenen verwehrt. Man darf nicht ans Krankenhausbett, das sich irgendwann in ein Sterbebett verwandelt. Keine Hand halten, keinen Trost spenden, keinen Beistand leisten. Das ist schwer und lässt die Menschen ratlos zurück. Die Stimme am Telefon gaukelt, weckt Hoffnungen, denn sie klang gar nicht so zerbrechlich. Wer nicht ans Krankenbett kann, erlebt nicht die Täuschungen, das kurze Aufblühen vor dem Ende. Wir sind ganz benommen und geplagt von dem schlechten Gewissen, das Schwiegermütterchen so allein lassen zu müssen. Sie liegt in dem Auer Krankenhaus, das gestern durch die Nachrichten ging: voll belegt mit ausschließlich Corona-Patienten. Das Weihnachtsland ist dunkelrot und mich graust, die Umstände zu Ende zu denken. Noch kämpft sie und wir warten, hoffen, wünschen… es soll ja Wunder geben.

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