Morgenstunde (26)

Vom Läuten im Walde…

Manchmal geistern sie durch meine Träume, die vernachlässigten Helden aus meinen Büchern. Da mault nachts die Baumseele Wallo mit mir, weil ich schon sooo lange nicht mehr, seine Geschichte bei einer Lesung erzählt habe. Ich habe keine Entschuldigung dafür, nur das Problem, dass ich bei elf Büchern, niemals alle gleichmäßig bedienen kann. Wie machen das nur andere Autoren?
Seit wir vor zehn Jahren in die Schorfheide gezogen sind, haben naturgemäß die regionalen Stoffe Vorrang. Meist werden die aber nur lokal verbreitet, insofern bekomme ich Leseanfragen ausschließlich aus dem Land Brandenburg. Das Großstadtmärchen „Wallos seltsame Reise“ und auch der Meander Memolos schlafen derweil auf unbestimmte in einem schwarzen Zeitloch. Sage keiner, dass wäre Luxus. Es ist eher traurig. Für die Herausgeber scheint mit der Veröffentlichung, jeweils in  Kleinauflage, alles getan. Am Ende sind die Bücher nur dort, wo ich auch bin, es bleibt ein Gehen im Kreis.

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Morgenstunde (15)

Treibgut. Foto: pe

Noch eine Woche bis zur Wahl und zum ersten Mal in meinem Leben weiß ich nicht, wem ich meine Stimme geben soll. Ich bin in den medialen Arenen der alten Eliten keinem begegnet, der auch nur annähernd Antworten auf die Herausforderungen unserer unruhigen Welt hervorgebracht hätte. Stattdessen haben wir  hemmungslose und gefährliche Umarmungen im traditionellen Parteiensystem erlebt. Ein gegenseitiges Festhalten in Zeiten der Eruption der welkenden Machtgebilde. Keiner hat wirklich etwas vorgelegt, das sich den Problemen Deutschlands und Welt kreativ stellt. Der einzige, der mich gestern wirklich erstaunte, war Lindner mit seiner freien Rede ohne Pult und Block. Bemerkenswert, aber auch er hatte keine tiefgründige Zukunftsvision, die in den Technikschüben und geopolitischen Konflikten bestehen könnte.
Wir leben in einer Zeit der Mogelpackungen. Wie bei Volkswagen wird eher ein Schleichpfand mit Nebenwirkungen gegangen, als die Probleme der Erneuerung und des Wandels anzupacken. Viele Menschen sind längst mit ihren empirischen Erfahrungen den Politikern voraus und gerade deshalb so unduldsam gegen Phrasendrescherei  geworden. Ich gehe einstweilen in die innere Klausur, um meine Wahrnehmungen zu schärfen – in freier Selbstbestimmung.

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Morgenstunde (10)

Blick aus dem Atelierfenster.

Es ist wohl das schwerste überhaupt,
für sich das richtige Arbeitsmaß zu finden.
Da starte ich einen Morgentest
und bringe damit meinen ganzen Tag damit durcheinander.
Zuerst legt sich ein Druck in die Zeit
und bindet die Gedanken an das Unterfangen,
statt frei zu sein für die künstlerischen Projekte.
Die „Morgenstunde“ als Plauderei wird es fortan immer mal wieder geben,
sporadisch ohne feste Verpflichtung.
Denn da draußen lockt das pralle Leben…

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Morgenstunde (6)

Stufen zum Stolper Turm. War schön gewesen gestern. Ein Blick in die Ferne atemschwere Zeit. Foto: pe

Meine Morgenpost enthielt schwere Kost: Da schrieb mir ein Autorenkollege zum Werdegang seiner Bücher: Es sei nicht eine Frage der Qualität, ob ein Buch gut ginge … „die Präsenz im Buchhandel fehlt, und ohne die ist der Verkauf schwierig bis unmöglich.“ Ja, klar, dem ist so.
Ich kann mich noch erinnern, wie glücklich ich über meinen ersten Verlagsvertrag war, der mir zwar unbezahlt wirklich alle Rechte nahm, dafür aber eine deutschlandweite Präsenz versprach. Gemeint war wohl eher, dass das Werk von überall aus bestellbar war (und ist), aber ausliegen wird es wohl nur in der herausgebenden Buchhandlung. Das hat Folgen. Man/frau wird nicht gelesen. Aber Lesungen (das Zubrot des Literaten) werden nicht so gerne mit unbekannten Autoren angesetzt. Wer geht schon gerne zu Unbekannt? So inszenieren Buchhandlungen nur Autorenlesungen, wenn das Buch überall zu sehen und zu erwerben ist. Aber bei Auflagenhöhen von unter 1000 Stück – wie soll das gehen? So bleibt die Beteiligung am Umsatz schmal und steht in keiner Relation zum Aufwand. Nur in Sonntagsschmonzetten lebt das Wohlstandbild  über gut dotierte Literaten weiter. Doch der Wandel des Buchgeschäftes hat längst dessen Schaffensumstände verdorben. Gutes Einkommen realisieren nur jene, die mit Großverlagen arbeiten können, die die Kraft zur Marktschwemme haben. Was nichts über die Qualität verrät…
Aber es ist schon so – wir Schreiberlinge sind inzwischen viele. Zu keiner Zeit gab es derart viele kluge und gut ausgebildete Menschen wie in der Gegenwart. Dieses Kreativpotential will sich äußern und nicht nur schaffen – geschleust durch wirtschaftliche enge Kanäle. Aber es muss ja nicht in Buchform sein … Blogger leben auch in einem schönen Land…

Ein entspanntes Wochenende wünscht Euch Petra

PS: Mit der Morgenkolumne geht es Montag wieder weiter.

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Morgenstunde (5)

In den Weiden…

Sonnenfunken gaukeln in den Morgen ein letztes Lied vom Sommer. Doch dieses Licht tanzt nur windig, nicht warm. Acht Grad Aufstehtemperatur – da muss frau für den Wohlfühlzustand richtig zaubern. Ein paar Lindenklanghölzchen in den Weiden reichen dazu nicht aus. Wir werden jetzt ins Auto steigen und an die Oder fahren. Dem Wetter voraus. Dort wird der Tag am längsten regenfrei sein. Ich will neue Blicke sammeln. Diesseits des Stroms, nicht jenseits im Land meiner väterlichen Ahnen. Mit gekappten Wurzeln lässt sich schlecht wachsen – das ist eines meiner Merkzeichen auf meinen weisen Sprüchevögeln. Geflossen aus erlebter Wahrnehmung. Dieses Ziehen in die Fremde, auf blutigen Fluchtwegen hat ein großes Schweigen in meiner Sippe hinterlassen und einen ängstlichen Zukunftsblick. Gefühlt habe ich den immer noch in meinem Nacken. Gewehrt dagegen – ein Leben lang.

(pe, 24. August 2017)

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Morgenstunde (4)

Morgens in aller Frühe: 11 Grad und Dunst. Ich hab die Heizung aufgedreht und gestern Abend zum ersten Mal wieder ein Kerzenlicht ins Fenster gestellt. Ein sichtbares Zeichen, die dunkle Jahreszeit öffnet ihre Pforten. Die Schwalben sammeln sich schon auf den Stromleitungen und alten Antennenmasten, bald wird der erste brunftige Hirsch röhren.

Wandkalender im Atelierfenster.

Über dem Licht im Atelierfenster thront jetzt das Kalendertitelblatt für 2018. Endlich ist das Teil eingetroffen! Mein Prachtstück für alle Freunde der Eule kam gestern Nachmittag mit der Post. Wer schon länger hier mitliest, ahnt vielleicht, diese Zeichnerei an den Vögeln der Weisheit hat mich im letzten Winter wieder gesund gemacht. Kein Wunder also, dass für mich von diesen Blättern eine besondere Kraft ausgeht…
Wer will, kann sich seinen Kalenderwunsch für das nächste Jahr nun auch bei mir erfüllen. Bitte dazu anrufen, denn wir sind ja nicht pausenlos auf dem Hof: 039883 48913. Danke herzlichst.

Das Cover mit Schleiereulen.
Zeichnung: Petra Elsner

Das Kalendarium steht unter dem Thema „Flug durch Europa“ und stellt in natürlicher Schönheit die 13 Eulenarten des Kontinents vor.
Ich selbst versende das Werk nicht, das macht der Verlag Messner Druck & Verlag, Talstraße 15 in 77978 Schuttertal.
Das Teil kann bei Verlegerin Daniela Messner
via Telefon oder per Mail bestellt werden:
druckerei-messner@t-online.de
Telefonisch:
078239609750
Dienstag bis Freitag erreichbar über: 06061968564
Der Kalender kostet 20 Euro zzgl. Versand.
Über die ISBN: 978-3-934309-29-6 kann der Kalender im Grunde von jeder Buchhandlung geordert werden.

(pe, 23. August 2017)

 

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Morgenstunde (2)

Weise Raben und Engel. Letzterer hat seinen Spruch auf dem Rücken.

Ein Grautag im August, da mag frau kaum gegen die morgendliche Bettschwere ankämpfen. Es ist zu früh für große, kreative Würfe. Aber auf meinem Zeichenplatz wartet ja noch eine Handvoll Sprücheengel, die für das Berliner Fest an der Panke (9./10. September) bemalt werden will. Die kleinen Glücksbringer habe ich mir für die diesjährige Adventszeit ausgedacht. Die Stanzform fertigte mir die Thüringische Firma Delitt. Die Farbe kommt immer dann auf die Rohlinge, wenn mein Kopf noch Pause braucht – stille Manufaktur eben. Andere Leute gehen zur Entspannung oder zum Erwachen joggen, ich bepinsele Raben und Engel. Die Sprüchevögel hatte ich mir ursprünglich als kleine mediale Falter für den Lesegarten ausgedacht – die weisen Vögel, die Märchenvögel und die lyrischen Vögel. 40 Stück zum Entdecken an Büschen und in der Brombeerlaube. Etliche Besucher fragten, ob sie nicht solche Teile kaufen könnten. Nein, das wollte ich ganz und gar nicht, denn ich wollte nicht diese einfache, aber aufwändige Bemalerei anbieten, für die sich kein guter Preis finden lässt. Daraufhin wurden mir die Teile im Garten einfach geklaut … und ich habe mich schlussendlich den Wünschen ergeben. Immer mehr Gäste suchen nur die kleine Aufmerksamkeit. Ich bin mir nicht sicher, ob sie alle schwer haushalten müssen oder einfach nur sparsam sind. Auf jeden Fall aber haben sich die Wünsche in den letzten zehn Jahren komplett geändert. Es sind nur noch wenige, die noch nach einem Original suchen. Die meisten sparen für große Reisen und hängen sich dann  ihre Erinnerungen an die Wand. Das Handyfoto aus dem Heimdrucker und gut is‘. Ich bin ein Auslaufmodell …

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