Ich hatte gerade den Herrn der Tautropfen für meine Schorfheidemärchen erfunden, da rief mich meine Freundin Trilli aus dem Alten Schulhaus in Diensdorf-Radlow am Scharmützelsee ab, ob ich nicht an einer Nix-Ausstellung im Sommer 2009 teinehmen möchte. Da ich gerade für meinen Tautropfennix in alten Sagen gekramt hatte, kam mir das gerade recht, und so zeichnete ich zwei Nixe und erzählte dazu eine alte sorbische Sage neu und bildreicher. Aus den Zeichnungen wurden zwei Postkarten. So kam es, dass sich in meinem Postkartenständer auch Karten befinden, die nichts mit der Schorfheide zu schaffen haben.
Und hier die Geschichte:
Der Wasserfürst vom Scharmützelsee In einer Mittsommernacht ritt der alte Nix auf seinem Wellenross über den Scharmützelsee. Er grummelte so dumpf wie die Gewitterfront in seinem Nacken. Seine schönen Töchter waren vom Mittsommernachtsball noch nicht zurückgekehrt, und der Wasserfürst fürchtete das Schlimmste. Würden sie sich in einen Menschenmann verlieben, verlören sie ihre Unsterblichkeit. Der alte Nix hasste jene helle Nacht, in der sich seine Töchter ihrer Flossen entledigten, um in Mädchengestalt zu tanzen. Wütend peitschte er das Wasser, das sich dabei zu einer mächtigen Welle auftürmte, die zwei entsetzte Fischer mit ihren kleinen Booten ins Schilf schickte. Kopfschüttelnd sahen sie dem alten Zausel nach, der mit wehendem Leinenjäckchen und rotem Krönchen seinem väterlichen Zorn frönte. Zwischen Diensdorf und Radlow tanzten die Nixen mit dem Wind über die sumpfigen Wiesen, die so zart gesprenkelt blühten, als hätte ein Maler Hand angelegt. Ihre weißen Gewänder flatterten wie Segel. Längst klebten ihre Tanzpartner Halt suchend an knorrigen Weiden, als der Nix vor sie hin schwappte und sehr bös dröhnte: „Es mag ja sein, dass der Sonnengott in dieser Nacht seine höchste Macht erreicht hat, aber alles, was aufstrebt, wird auch wieder sinken, und ihr, meine Töchter, seid Kinder des Wasserfürsten und habt nur ihm zu gehorchen.“ Die jungen Nixen aber waren so verzückt von der Fülle der Zeit und den schönen Jünglingen, dass sie nicht gewillt waren, ihrem Vater sogleich zu gehorchen. Nein, einmal nur, wollten sie ein loderndes Sonnenwendfeuer erleben und schweigend sieben Sorten wilder Blumen von sieben verschiedenen Wiesen pflücken, um zu erfahren, wen sie freien werden. Sie kicherten und entschwanden in den Holunderbüschen. Da schickte ihnen der Nix einen mächtigen Schwall. Das Feuer zischte und das Wasser flutete die Wiesen, in denen nicht nur seine Töchter Blumen suchen. Es sah so aus, als würde der See das Land nehmen wollen. Blitze zuckten, und Wind peitschte die Wellen. Von den Fluten eingeholt, wuchsen den Nixtöchtern augenblicklich wieder Flossen. Fortan hatten die Nixen ländliches Tanzverbot, und damit sie sich daran auch halten, streift der alte Nix seither von Sommerfest zu Sommerfest. Gut verkleidet, allein am feuchten Saume seiner Jacke kann man ihn erkennen.
Imke Heyter, Chefin des Wildparktes Schorfheide in Groß Schönebeck
Wer neben der Alphafrau steht, spürt sie, ihre gute Energie und ahnt, mit ihr kann man Bäume ausreißen, und auch – was Imke Heyter will, wird sie bekommen. Als ich ihr das erste Mal Ende der 90er Jahre begegnete, war noch ihr Vater Dr. Frank Heyter Chef des jungen Wildpark Schorfheide in Groß Schönebeck und sie seine Assistentin. Da war sie noch eine Zarte und mehr Staunende als Wissende. Anfang der Neunziger hatte der Vater mit ihr vor einer weiten landwirtschaftlicher Brache gestanden, und ihr seine Vision umrissen: Dort kommen die Wisente hin, dort die Exmoor Ponnys … und dort die Elche. Die wurde ab 21. April 1996, nach dem 1. Spatenstich, langsam Wirklichkeit. Inzwischen hat Imke Heyter Tourismus in Westfalen studiert und anschließend noch beim Jugendreiseveranstalter Reiseverkehrsfrau gelernt. Seit ihr Vater in Rente 2005 ist, führt sie den Park in seinem Sinne weiter.
Fast schwerelos klingt es, wenn die Imke von ihrer Aufgabe schwärmt: „Für mich ist es der schönste Arbeitsplatz der Welt, ich möchte nicht tauschen, auch wenn man sehr gebunden ist. 365 Tage im Jahr ist der 100 Hektar große Wildpark für die Besucher geöffnet. Da übernimmt man Tag und Nacht Verantwortung für die Tiere, alle Angestellten und nicht zuletzt auch für die Besucher. Man lebt es, oder man lässt es, etwas dazwischen gibt es nicht. Trotz Freude und Spaß an der Arbeit, geht es nur mit einem wirklich guten Team. Ich habe Mitarbeiter, die mit Leib und Seele dabei sind, und nicht streng auf die Uhr gucken. Alle sind fest angestellt. Ich halte nichts davon, Mitarbeiter im Winter zu entlassen. Wir sind hier in der strukturschwachen Region des Barnims, da hängt an jedem, der noch Arbeit hat, meist eine ganze Familie. Es gibt fast keine Fluktuation, wer sich bewährt, der bleibt.“
Seit 18 Jahren macht sich der weitläufige und unglaublich schöne Wildpark einen Namen in der Region. 80 Prozent der Gäste kommen aus Berlin, die Brandenburger immer, wenn sie Besuch haben. Anders ist es bei ihren sehr besonderen und fantasievollen Festen, da kommen auch die Einheimischen. Seit 2009 machen die Vollmondwolfsnächte von sich reden. Die Termine sind meist ausgebucht, deshalb gab und gibt es Zusatztermine auch über die kalendarischen Vollmondnächte hinaus. Imke lächelt: „Wölfe heulen nicht nur bei Vollmond, sie heulen selbst bei Tag. Aber ein bisschen Glück gehört dazu. Wir möchten ein authentisches Naturerlebnis bieten. Unser Angebot ist das europäische Wildtier, welches hier früher mal heimisch war oder wieder ist – präsentiert in einem natürlichen Großgehege. Das ist unsere Marktlücke aus der wir eigenwirtschaftlich agieren.“
Der Wildpark lebt von den Eintrittsgeldern und von dem, was die Gastronomie mit ihrer speziellen Wild- und Kräuterküche im Besucherhaus erwirtschaftet, denn die Chefin versteht es, die Park-Idee auszukleiden: Mit Spezialführungen für jedes Alter, Streichelzoo, Waldspielplatz, Kräutergarten, Fischräucherei usw. „Die attraktivsten Tiere sind zurzeit natürlich die Wölfe. Es sind vornehmlich die großen Beutegreifer, die die Besucher locken. Ich selber verteile meine Liebe ganz gerecht auf alle Tiere. Meine Favoriten sind schon Elche, Wölfe, Luchse, aber alle anderen auch“, verrät Imke Heyter
Die gebürtige Eberswalderin schwärmt: „Brandenburg aber ist meine Heimat, und ich finde es extrem schön. In den sechs Jahren, in denen ich in Westfalen lebte, habe ich erst festgestellt, WIE schön Brandenburg ist. Und ich finde es wichtig, dass die Leute in der Region bleiben und nicht alle abwandern.“ Auch deshalb arbeitet Imke Heyter raumgreifend an ihren Projekten, aber schauen Sie doch einfach selbst einmal nach den wilden Tieren in Groß Schönebeck.
Wildpark Schorfheide, Prenzlauer Straße 16, 16244 Groß Schönebeck, Tel: 033393 65855, Infos im Internet unter: www.wildpark-schorfheide.de
Es war vor mehr als 200 Jahren. Kalter Ostwind blies am Morgen die letzte Schneewolke dieses Winters über den Groß Väter See. Elmer, der alte Zaunsetzer murrte, als er vor seine Hütte trat und nach dem Schneeschieber griff. Er war es wirklich leid. In zwei Tagen würde das Osterfest beginnen, und immer noch versteckte sich das Grün vor dem Frost. Er schob weiße Hügel zusammen und stöhnte missmutig dazu, als plötzlich dicht vor seiner Nase etwas vom Himmel fiel. Elmer bückte sich und sah, es war ein grünliches Ei mit braunen Sprenkeln darauf. Als er es in die Hand nahm, spürte er Wärme. Da trug der Mann das Ei in seine Stube, legte es auf die Ofenbank und ging dann seinen Verrichtungen nach. Elmer war wie seine Nachbarn in den Dörfern Grunewald, Beebersee und Friedrichswalde vom König als Zaunsetzer berufen worden. Der Mann hatte dafür zu sorgen, dass der große Wildzaun zwischen den uckermärkischen Feldern und dem Schorfheidewald nicht wieder verfiel. So zog er täglich aus, um nachzusehen, wo es etwas auszubessern gab oder neue Zaunteile zu fertigen waren. Als Elmer abends wieder sein Haus betrat, krächzte etwas ganz erbärmlich aus dem Dunkel. Der Mann zündete seine Laterne an und sah nun auf der Ofenbank einen nackten Vogel hocken, der gerade dem Ei entschlüpft war. Elmer rührte die klägliche Gestalt: „Na, Du willst wohl meine Osterüberraschung sein!“ Dann wickelte er das Küken in sein Taschentuch, ließ es vorsichtig in seine große Jackentasche hineinrutschen und hielt es warm. Und weil er sich am nächsten Morgen aus dem Groß Väter See noch einen Fisch zum Fest angeln wollte, hatte er auch einen guten Wurm für das Junge parat, welches er fortan Krax nannte. Wochen vergingen und das Küken wuchs zu einem prächtigen Raben heran. Der stolzierte heiter durch Haus und Hof. Sein Nest schwebte hoch oben in einer Eiche, von wo aus er weit über den See und den Heidewald schauen konnte. Näherte sich ein Wolf, ahmte er vom Himmel aus das Heulen des großen Beutegreifers nach, und sogleich brachte sich der Zaunsetzer in Sicherheit. Krax war ein ganz gescheites Tier. Nicht nur, dass er viele Geräusche und Rufe imitieren konnte, er half Elmer auch, den Wildzaun mit Reisig auszustopfen. Und so hatte der alte Zaunsetzer Hilfe und Gesellschaft. Den Menschen im Dorf aber war der Vogel unheimlich. Man munkelte, der Rabe über dem Groß Väter See sei ein Geselle der Finsternis und ein schlechtes Omen. Am liebsten hätte man das krächzende Tier vertrieben. Aber Elmer meinte immer nur, er sei ein österliches Himmelsgeschenk. Es solle sich niemand wagen, ihm etwas anzutun. Krax schüttelte sich die erste Herbstnacht aus dem Gefieder, bevor er zu einer eleganten Morgenrunde über den dunstigen See startete. Unter den Wolken stutzte der Vogel. Kein Rauch stieg aus Elmers Schornstein. Der Rabe stürzte sich abwärts und sah durch das Fenster seinen Freund am Boden liegen. Krax krähte entsetzt, so laut er nur konnte: „Helft Elmer!“ „Helft Elmer!“ Da liefen die Nachbarn herbei und kümmerten sich um den kranken Mann. Als der alte Zaunsetzer wieder bei Kräften war, wendete sich das Blatt für den schwarzen Vogel. Nicht, dass es fortan einfach Elmers kluger Rabe war. Nein, Krax galt nun als himmlischer Osterrabe. Es hätte ja auch ein Nachkomme des von Noah ausgesandten Vogels sein können. Jenem, der das neue Land erkunden sollte. Am Ende ist nur eines gewiss: Der erste Rabe, der am Groß Väter See landete, hatte sich einen der lauschigsten Plätze der Welt ausgesucht. Klar, kraa, kraa.
Dieses Märchen ist ein Schorfheidemärchen. Aber das Buch war schon geschrieben und produziert. Es ist gewissermaßen ein „Nachläufer“, der jetzt auf vermoostem Leinen im Zauberwald von Klein Dölln hängt und: Nun hat die Geschichte auch in „Das keine Rabenbuch“ einen Platz gefunden.
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Erzähler: Der Siedler Kurt lebte vor langer, langer Zeit auf seinem Acker an der Schorfheide und mühte sich tagein, tagaus dem mageren Sandboden eine Ernte abzuringen. Was ihm meist nicht gelang, da Wind und Wetter Schaden brachten. Und was da wuchs, fraßen meist die Tiere des Waldes, bevor es reif war. Deshalb schrieb Kurt an seinen Fürsten:
1.Szene:
Kurt, die Puppe sitzt mit großer Feder, nachsinnend vorm Bauernkaten.
Kurt: „Hm, wie schreib ich es nur? Ah, vielleicht so: Euer Hochwohlgeboren möge sich doch einmal selbst ansehen, auf welch dürftigem Grunde, ich, Kurt, mit meiner großen Sippe ein ärmliches Kolonistendasein führe. Und ob der Herr nicht einen Ausweg für meine üble Lage fände …“
Erzähler: Wochen vergingen, doch eines Tages tönte ein lautes Halali durch den Schorfheidewald und der Kurfürst stand tatsächlich vor Kurts Hof:
Friedrich ll: „Was dieser Untertan nur wolle, schön sieht es hier aus, ein prächtiger Schlag liegt hinter seinem Katen und diese wundervolle Stille.“
Kurtschlürft Kurt heran und verbeugt sich: „Ja, ja, nur, dass wir hier auf Staub ackern, der kaum einen Ertrag zulässt. Sieh er nur.“ Kurt greift in den Boden und bläst den leichten Sand von seiner Hand.
Friedrich ll: „Das sieht wirklich nicht gut aus, nein, wirklich nicht. Doch ich habe mir etwas für ihn ausgedacht. Sein Waldacker liegt genau am Rande meines Reiches. Setze er hier einen Schlagbaum und kassiere einen Wegezoll von einem jeden, der diesen Grenzpfad passieren will. Und mag er von den Einnahmen für das Fürstenhaus auch etwas für sich behalten. Friedrich übergibt ihm den Schlagbaum. Möge von nun an seine Not enden und zugleich sein Dienst mein Land stärken.“ Spricht es der Kurfürst und schreitet mit seiner Gesellschaft davon.
2. Szene:
Kurtsteht mit Flinte am Schlagbaum und hält Wache. „Wozu ich hier nur stehe, es kommt doch kaum einer vorbei. Gestern der Hans aus Groß Dölln, aber der lacht nur, wenn ich einen Zoll von ihm will. Hat er doch selbst keinen Taler in den Taschen. Schreit nur von weitem: ‚Kurt, mach’ den Schlag auf, sonst brechen meine Gäule durch Deine Latte!’, Brüllt’s, ich zerre aus voller Kraft den Schlagbaum hoch, und schon ist er durch und davon.“
Die Puppe schüttelt besorgt den Kopf und schreitet auf und ab. Da humpelt ein Wanderer aus dem Nachbarland heran. Und Kurt ruft: „Halt, keinen Schritt weiter, hier beginnt das Reich meines Fürsten, wenn er hindurch will, muss er einen Silbertaler berappen.“
Der Wanderer fragt: „Und wenn nicht?“
Kurt entschlossen: „Dann bleibt Kurts Schlag geschlossen, und dir der Weg versperrt.“
Der Wanderer fragt weiter: „Hm, können wir uns nicht anderweitig einigen?“.
Kurt: „Was hat er denn zu bieten?“
Der Wanderer spricht: „Einen Handel.“
Kurt: „Lass hören.“
Erzähler: Der Wanderer streift die Kapuze ab und siehe da, es ist der Teufel, der sich mächtig zu erkennen gibt:
Teufel: „Du gibt’s mir den Weg frei, und ich gebe Dir dafür diesen Sack voll schönes Wetter.“
Kurt glaubt: „Das klingt gut, ich habe es hier viel mit späten Nachtfrösten zu schaffen, da kann ich besseres Wetter gebrauchen, dafür lasse ich Dich gerne durch. Teufel noch mal, dass scheint mir ein guter Handel! Zu sein.“ Nimmt den Sack und zerrt den Schlagbaum hoch.
Der Teufel zieht mit einem donnerndem: „Hahahahaaaaa!“
3. Szene:
Erzähler: Der Sommer verging brütend heiß, kein Tropfen Regen fiel auf Kurts Acker und stetiger Wüstenwind dorrte den Boden vollends aus. Der arme Siedler Kurt an der Schorfheide wusste nicht aus noch ein, aber er hatte auch eine kräftige Wut im Bauche. Inzwischen war es Winter geworden.
Kurt stapft durch den Schnee zwischen Hütte und Schlagbaum. Er hat einen dicken Eichenstock dabei und flucht: „Wenn ich den erwische! Irgendwann will er ja wieder hindurch, dann wird er mich kennen lernen!“
Da kommt der Teufel: „Na, Wächter Kurt, lass er mich hindurch, er hatte ja schließlich von mir ein schönstes Wetter bekommen und nicht eine einzige graue Wolke.“
Kurt tobt: „Das ist ja der Teufelspuk gewesen! Dein Sackwetter hat die ganze Ernte verdorren lassen. Betrüger du! Zu einem schönen Sommerwetter gehört schließlich auch ein Sommerregen. Ich will dir zeigen, was es heißt, einen Kurt für dumm zu verkaufen und zu prellen!“
Da schlägt Kurt auf den Teufel ein bis er jammert.
„Kurt schlag mich nicht mehr, Kurt schlag nicht weiter auf mich ein, ich will auch mit meinen Spuk von dir ablassen und meine Schuld begleichen!“
Der Teufel wirft dem Kurt viele Taler entgegen.
Aber Kurt schleudert den Wettersack über des Teufels Haupt und verjagt ihn mit dem Eichenknüppel.
Erzähler: Und fortan hieß Kurts Schlag bei den Menschen im Land „Kurtschlag“, ein Ort, von dem man nun wusste, dass hier auf sandigem Grund mutige Menschen siedeln, die es selbst mit dem Teufel aufnehmen und ihn verjagen konnten.
Der Tag draußen riecht schon nach September und der Kamikaze-Flug der Schwalben über dem Dachfirst verrät: Eine gute Woche noch, dann werden sie starten. Eine wirklich heitere Ansage fand ich von einem gewissen „Wolle“ im Netz: Frage: Wann fliegen die Schwalben nach Süden“ Und er:“Wenn der Schwanz nach Norden zeigt.“
Das animiert mich, Euch wieder einen Schräge-Vögel-Cartoon aus meiner gegenwärtigen Zeichenarbeit zu zeigen: Die bunten (toten) Hosen…
An manchen Tagen fällt es auf, dass wir weniger geworden sind. Beim Frühjahrsputz oder in den Sommerfestvorbereitungen. Es sind immer die gleichen jungen Alten, die sich umtun, jedes Jahr ein wenig älter und vielleicht auch müder. Ja, es gibt spürbaren Zuzug im Dorf. Der Manni und seine Edeltraut vom Neuen Kiez, Sabine und Patricia im Rosenhäuschen … wirken, als wären sie schon immer dabei gewesen. Sie rackern fürs Allgemeinwohl wie all die rührigen Alteingesessenen.
285 Kurtschlager sind wir eben jetzt. Kann sein, morgen zieht wieder eine Familie hierher an den Saum des Schorfheidewalds. Nur ist das Ankommen oft kaum spürbar. Manch einer schaut schon seit Jahren vorsichtig aus dem Dachfenster zu, wenn ein Festumzug über Kopfsteinpflaster tanzt und rollt, andere kennt und sieht man erst gar nicht. Sie leben unter dem weiten Himmel dieser verträumten Landschaft abgeschottet ganz für und bei sich.
Ich bin im Grunde auch ein Nesthocker, das bringt der einsame Prozess des Malens und Schreibens mit sich. Aber ich schließe mich nicht weg und suche Dorfkontakte im Wechselspiel von Nähe und Distanz. Heißt, ich fehle bei manchen Veranstaltungen, weil nicht alle zu mir passen. Das akzeptiert man im Dorf. In dem Schorfheidedorf Kurtschlag stehen die Häuser der Verstorbenen nicht lange leer, aber gewinnt das Dorf indem auch wirklich neues Leben? Neue Mitglieder für den Sportverein oder die Freiwillige Feuerwehr? Zu wenige. Es wäre wirklich ganz wunderbar, wenn Zuzügler nicht nur im Verborgenen nisten würden, sondern dazu kämen: beim Feiern wie beim gemeinnützigen Arbeiten. Denn Dorfleben ist eben nur so reich und lebenswert, wie es eingebrachte Zeit und Talente in ihm gibt.
PS: Für Leute in der Nähe. Der Kurtschlager Sportverein feiert in der Woche vom 9. bis 13. September 2013 sich im 16. Jahr und spendiert viele Einstiegsmöglichkeiten: Mo, 19 Uhr: Dance-Fitness / Die, 19 Uhr: Zumba-Fitness (2 Euro) / Mi, 19 Uhr: Tanzabend – Country für Anfänger / Mi, 19 Uhr Laufen für Anfänger & Profis / Do, 19 Uhr, Schule für Yang Pai – innere Kampfkunst und Engergiearbeit / Fr, 18 Uhr, Sportfest mit Jedermann Wettkämpfen. Treff: Gemeindezentrum: Rübengasse, Auskünfte unter: 039883-48016
Als Bernd Kanzow (50) sich im Dezember 2009 das Tagungszentrum der Wirtschaft, Hubertusstock 2, ansah, war ihm schnell klar, es würde nicht einfach sein, dem futuristischen Bau Leben einzuhauchen. Seiner Frau erzählte er von einem „Ufo im Märchenwald“. Knorrige Eichen blickten stumm auf den Ankömmling aus Hannover, der sich fasziniert im milchigen Dunst den Schorfheidewald grün vorstellte. Es gefiel ihm, was er tagträumte. Fortan besaß das „Ringhotel Schorfheide – Tagungszentrum der Wirtschaft“ einen neuen Chef. Einen, der nicht auf austauschbare Beliebigkeit, sondern auf Charakter, Charme und regionalen Touch setzt. Das ist durchaus gegen den Strom, denn die meisten Hotelketten vereinheitlichen ihr Erscheinungsbild und auch kulturelle Angebote sind oft zentralgesteuert.
Inzwischen ist Bernd Kanzow mit Frau und Tochter nach Prenden gezogen und zum Brandenburger geworden. Immer noch schwärmt er „Ich finde: Das Ringhotel Schorfheide ist ein superschönes Haus in einer Spitzen-Lage. Die hohen Fenster machen das Gebäude transparent. Jahreszeiten werden im Haus sichtbar. Es wirkt nie trüb, weil es mit und in der Natur lebt.“
Der nüchterne Stil entspricht durchaus der Art des gebürtigen Norddeutschen. Aber Kanzow spürte, „dem Haus fehlte die Seele.“ Das zu ändern, wurde zur Hauptthema für den gestandenen Hotelier. Jetzt wohnt in jedem der 55 Gästezimmer Hotelelch Hubert, ein wonniges Kuscheltier. Auf den Nachtischen laden Schorfheidemärchen zur Gute-Nacht-Geschichte ein. Unverwechselbare Details.
Die Wandelhalle hatte sich bei manchen Gästen den bissigen Spitznamen „Sing Sing“ erworben. Bernd Kanzow lacht schallend, nein, ein amerikanisches Zuchthaus solle man hier nie wieder assoziieren. Regionale Künstler kamen nun mit Dauerausstellungen ins Spiel. Ihre Bilder belebten auffällig den Ort und förderten zugleich die Kommunikation der Anwesenden. Derzeit dekorieren Banner mit Waldmotiven die Halle – warme Akzente, die aber nicht den klaren Stil des Hauses brechen.
„Mit dieser Belebung verändern sich auch die Zielgruppen“, verrät der Hotelier. „Plötzlich kommen Familien hierher, um Hochzeiten und andere private Feste zu feiern. Mit der Lage des Hauses, dem Park, der Nähe zum Werbellinsees und natürlich unserem Restaurant „Von Hövel“ mit Kamin, Bar und Terrasse – das passt hervorragend zu Familienvergnügen. Unterhalb der Woche buchen uns wie immer Seminar- und Tagungsgäste, das ist unser Hauptgeschäft.“
Darüber hinaus hat der Hotelchef eine bemerkenswerte Erlebniskultur entwickelt: In die eigens für Gäste geschaffene Kochwerkstatt wird zu Kursen und Kochaktionen eingeladen. Einzigartig ist das Geocaching auf Segways. Drei Stunden geht es dazu durch die Schorfheide. Man muss unterwegs Bogenschießen, Golfen, Rechenaufgaben lösen, Schätze finden. Aber auch das Restaurant bietet spannende Inputs: Reisen durch die Welt der Weine oder Cocktail-Kurse. Das spezielle Wissen vermittelt Kanzow höchst selbst. Auch einen Knigge-Kurs zauberte er aus dem Ärmel, darin geht es um das Auffrischen von guten Tischmanieren.
Womit auch immer der Gast dieses Vier-Sterne-Hauses überrascht wird, er wird vom Chef des Hauses oder seinem Assistenten persönlich geleitet. Das ist es, was die Gäste schätzen. „Klar, macht mir das auch Spaß mit einem Segway durch die Gegend zu düsen, aber darum geht es nicht, sondern um das sich kümmern“, erzählt der Überraschungskünstler. „Den Gästen einen persönlichen Kick geben.“ Und diese persönliche Betreuung ist nachhaltig, denn die Gäste sprechen darüber und kommen wieder. Für die Zukunft wünscht sich der Neu-Brandenburger: „Das die vielen Highlights der Region unter einem Dach gebündelt werden und nicht als kleine Königsreiche vor sich hindümpeln.“ Konzentriert für den guten Ruf zu arbeiten nennt er das und weiß, es wird noch etwas dauern.
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