Es gibt so Tage, die tragen einen Trauerschleier. Heute ist der 40. Todestag meiner Mutter und ich vermisse sie immer noch. Will sagen, macht Euch keine Hoffnungen, einen liebenden Menschen vergisst man nie und der Verlustschmerz bleibt. Die Zeit heilt gar nichts und Fotos lügen auch, wie dieses hier: Glückliche Weihnachten 1956. Zuhause für eine Handvoll Tage. Wir Schwestern waren sonst im Wochenheim. Von Sonntagabend bis Samstagmittag. Nicht, weil meine Mutter karrieresüchtig war, sie hatte einen kriegsversehrten Mann, der jedes Jahr viel in Sanatorien weilte und lange krankgeschrieben blieb. Das Krankengeld war klamm, sie schuftete als Schreibkraft für vier. Die festlichen Samtkleider hat sie selbst genäht. Und trotz aller Hetzerei, sie strahlte immer eine unvergleichliche Wärme aus. Aber natürlich waren da auch die Verlockungen des Lebens, neben der harten Leier, das leichte Leben zu suchen, nachts in Westberlin bis zum Mauerbau. Sie spielte nebenberuflich in einem Kabarett und dieser Umstand brachte ihr so ein sonderbares Frauenförderstudium ein: „Regie und Journalistik“. Danach wurde sie Aufnahmeleiterin beim Rundfunk, später Redakteurin. Beliebt, wo auch immer sie war. Zu Grabe trugen sie, mit nur 53 Jahren, hunderte Menschen. Und heute – ein Totensingen in der Luft.
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