Eine Buchbesprechung

Neuer Besuch im Kinderzimmer

Nach den zwei Emotionen „Wut“ und „Angst“ besucht diesmal die „Liebe lange Weile“ das Kinderzimmer. Eine seltsame Stimmung bringt sie mit, die verunsichert und schlechte Laune verbreitet. In dieser bezaubernden Vorlesegeschichte erfahren die kindlichen Zuhörer etwas über das große Nichts. Wieder hat die Autorin und Malerin Kerstin Undeutsch dem diffusen Unbehagen eine treffliche Gestalt gegeben, die zu so gar nichts Lust hat und kein guter Begleiter ist. Aber die Autorin findet einen einfachen Weg, diese gähnende Emotion zu überlisten. Und urplötzlich ist sie wieder weg, die „Liebe lange Weile“. Es ist das dritte kluge und spannend illustrierte Kinderbuch von Kerstin Undeutsch, dass der Verlag Tasten & Typen herausgegeben hat. Wie schon die Bilderbücher „Keine Angst vor der Angst!“ und „Wut zu Besuch“ wurde auch „Liebe lange Weile“ außerordentlich stimmig inszeniert. Eltern werden das klare und hilfreiche Buch lieben, weil es ihr Kind stark für das Leben macht. (pe)

Kerstin Undeutsch: „Liebe lange Weile“
Hardcover, Fadenheftung
ISBN 978-3-945605-50-9
Preis: 16,80
Erhältlich hier:

 

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EIN KLEID GANZ AUS SCHNEE

Kleiner Zwischenruf aus meiner Blog-Pause, weil dieses Buch so verzaubernd ist und ihm leider die Leipziger Buchmesse fehlt – diese Empfehlung:

Ein Kleid, ganz aus Schnee

Märchenhafte Geschichten von Ingrid Annel     

Was für eine wundervolle Idee, alte Märchen einfach weiter zu erzählen. Da entdeckt ein Hase in einem alten Märchenbuch den peinlichen Wettkampf eines Artgenossen, der vor Zeiten von einem Igelpärchen gelinkt wurde. Was für ein Skandal! Deshalb fordert nun auch Hase Hubert das benachbarte Igelpaar zu einem ehrenrettenden Wettkampf hinaus und: scheitert. Gold- und Pechmarie verwandeln sich ins Gegenteil und die sieben Zwerge haben uns doch glatt den achten und neunten Zwerg verschwiegen.
Autorin Ingrid Annel schreibt ganz in der Tradition der großen Märchenerzähler und entstaubt dafür alte Legenden. Ihre Geschichten beginnen dort, wo die Hausmärchen der Gebrüder Grimm mit ungewissem Ausgang in „Der goldene Schlüssel“ enden. Sie macht daraus drei Schlüssel und schickt mit diesen drei Brüder auf den Weg, die passende Tür zum Glück zu finden. Dabei verrät sie ganz beiläufig, dass das Glück für jeden anders aussieht. Wie wahr und erzählt wird nicht nur in „Drei Schlüssel zum Glück“ vollkommen ohne erhobenen Zeigefinger.

Ingrid Annel pflegt einen klaren, ganz schnörkellosen Erzählstil, überrascht mit witzigen Pointen und unerwarteten Wendungen. Nicht immer führen ihre Geschichten in ein Happy End. Dort, wo es die Helden gierig umtreibt, landen sie im auch schon einmal in einem Desaster. So wie beispielsweise in „Das Gold vom Himmel herunter“, in dem ein TV-Bericht von einem Mädchen berichtet, dass wirklich alles verschenkte und dafür Taler von den Sternen bekam. Alle, die diese Sendung sahen, versuchten es dem Sterntalerkind gleich zu tun, sie verschenkten, was sie besaßen. Und die Sterne? Sie wunderten sich nur über die vielen Nackten dort unten auf der nächtlichen Waldlichtung.
Wunschträume enden nicht selten in Schall und Rauch. In der titelgebenden Geschichte wünscht sich eine afrikanische Prinzessin „Ein Kleid, ganz aus Schnee“. Niemand kann es ihr bringen, kein Prinz, kein Edelmann. Aber mit der Hilfe eines klugen Kochs findet sie zu ihm, für einen Lebensmoment. In „Irmelind und die sieben Zwerge“ schafft die Autorin aus einem Märchen-Cocktail einen ganz abenteuerlichen Plot, der Zwerge in sondersame Liebhaber verwandelt, nur damit die junge Frau ihren Prinzen bekommen kann. Insgesamt hat Ingrid Annel mit diesem zauberhaften Buch eine herzerfrischende Märchenlektüre geschaffen, die ich hier gerne weiterempfehle.

Petra Elsner

„Ein Kleid, ganz aus Schnee“ von Ingrid Annel, erschienen 2019 im Verlag TASTEN & TYPEN, Bad Tabarz, Hardcover mit Umschlag, 240 Seiten. Preis: 19,80 Euro, ISBN 978-3-945605-39-4

 

 

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