In der Weihnachtspost lag ein Schreiben von alten Freunden. Sie sind vor acht Jahren, als sie in den Ruhestand gingen, in die Heimatstadt an der Elbe zurückgekehrt. Seither bekommen wir jedes Jahr diesen Jahresbrief (ein schmuckloses Rundschreiben an ALLE) voll von tragenden Ereignissen und guten Taten, dass es einem beim Lesen fast schwindlig wird. Doch schaut man genauer hin, sind sie jeweils „nur“ Mitwirkende, denn andere der Stadtgesellschaft sind die stillen Helden der Ukrainehilfe und anderem. Seltsam. Ich hadere immer mal wieder über meinen Energiemangel, denke nicht selten, die Anderen halten sich besser als ich und solche Schreiben nähren diesen wenig hilfreichen Gedanken. Aber dann flüstert die Thalheim (70) beim Geburtstagsinterview, dass sie vor dem Schauspielabend den ganzen Tag im Bett ruht; und auch die Heidenreich (80) schläft vor Lesungen die Stunden davor, solange sie kann, um den gesellschaftlichen Auftritt gut zu schaffen. Das sind für mich hilfreiche Ansagen, weil ich mich dann nicht mehr so schlapp sehe. Es geht mir einfach besser, wenn andere leise plaudern, WIE ihnen manches noch gelingt. Aber dieser Brief – schwer und irgendwie protzend liegt er auf dem Poststapel, als käme er von der Sonnenseite des Lebens mit Glanz und Gloria daher. Ich lege den Brief beiseite und denke betreten, na, dann macht mal …